2013-05-27 14:36:21

Kolumbien: Erster Durchbruch bei Verhandlungen


RealAudioMP3 Die Unterzeichnung einer ersten Übereinkunft zwischen der kolumbianischen Regierung und Vertretern der FARC -Guerilla ist ein wichtiger erster Schritt, aber noch nicht als „historisch“ zu bewerten. Das sagte uns die Leiterin des Kolumbienreferates des katholischen Hilfswerks Adveniat, Monika Lauer Perez. Beide Verhandlungspartner hatten am Sonntag in der kubanischen Hauptstadt Havanna verkündet, sich auf Grundzüge einer Landreform geeinigt zu haben. Demnach sollen Opfer von Landraub und Vertreibung entschädigt werden. Dieser Punkt galt als wegweisend für den weiteren Erfolg der Verhandlungen zwischen der Regierung und den „Revolutionären Streitkräften Kolumbiens“ (FARC). Monika Lauer Perez, die auch einen Master in Friedenswissenschaften absolviert hat, ordnete dieses erste Ergebnis im Gespräch mit uns ein:

„Zunächst einmal ist noch kein Abkommen unterzeichnet; es ist einfach eine Vereinbarung, die Teil eines Sechs-Punkte-Programmes ist. Das heißt, dieser Punkt allein ist sicherlich schon einmal ein Verhandlungserfolg, aber es bedeutet kein generelles Abkommen und schon gar nicht etwas historisch Großes in diesem Moment. Dialog und eine Vereinbarung sind ja immer als Erfolg zu werten, mehr erst einmal aber auch nicht.“

Der Hauptpunkt, der in dieser ersten Erklärung unterzeichnet worden ist, betrifft die Landreform. Warum ist dieser Punkt so wichtig?

„Landreform ist im Prinzip das Thema, das die FARC seit Jahren oder besser von Anfang an auf ihrer Agenda stehen hat - dafür hat sie die ganzen Jahre hindurch gekämpft. Es ist schon als bedeutsam anzusehen, dass jetzt ausgerechnet dieser Punkt der erste von denen ist, der sozusagen mit einer Vereinbarung endet. Wobei es eben nicht nur diese Vereinbarung gibt, sondern die Regierung da auch schon im Jahre 2011 gesetzlich dran gearbeitet hat.“

Und wie kann man das jetzt einordnen, was bedeutet es für die aktuell stattfindenden Verhandlungen und wie könnte es weiter gehen?

„Es zeigt, dass die Verhandlungspartner ernsthaft daran interessiert sind, zu einer Einigung zu gelangen. Ob das jetzt nahtlos so weitergeht, muss erst einmal dahin gestellt bleiben, die Bereitschaft ist auf jeden Fall zu erkennen. Wobei diese Bereitschaft aber auch sicherlich mit handfesten politischen Interessen beider Seiten zu tun hat.“

Welche politischen Interessen würden Sie denn da verorten?

„Die FARC, die den bewaffneten Kampf jetzt aufgeben möchte, möchte sich als eine ernst zu nehmende politische Kraft etablieren, und für Präsident Santos geht es um seine Wiederwahl im Jahr 2014.“

Gibt es denn noch weitere Punkte in dieser ersten Einverständniserklärung, die Sie unterstreichen oder betonen würden?

„Im Grunde genommen ist das, was vereinbart wurde, sicherlich gut für Kolumbien. Es ist zum Teil recht vage formuliert, lässt also viel Interpretationsspielraum. Man muss dann erst einmal sehen, wenn es an die Durchführung geht, wie konkret das Ganze wird. So wie es jetzt dasteht, ist es erst einmal etwas Positives und etwas, was in die richtige Richtung geht.“

Hintergrund

Seit 1964 herrscht in Kolumbien ein blutiger Konflikt zwischen der marxistisch orientierten FARC-Guerilla und den wechselnden Regierungen. Schätzungen sprechen mittlerweile von etwa 600.000 Todesopfern und mehr als 3,7 Millionen Vertriebenen, die der Konflikt seit seinem Ausbruch gefordert hat. Diverse Versuche, über Verhandlungen zu einer friedlichen Lösung zu gelangen, sind bislang gescheitert. Aktuell tagen Vertreter der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla auf neutralem Boden in der kubanischen Hauptstadt Havanna. Weitere Länder wie Chile, Norwegen und Venezuela haben sich als Vermittler eingeschaltet. Unter den Punkten, die nun noch von den Verhandlungspartnern diskutiert werden sollen, ist unter anderem das Problem, wie den FARC-Rebellen eine politische Mitwirkung eingeräumt werden kann. Die meisten von ihnen haben wegen ihres bewaffneten Kampfes gegen die Regierung Prozesse und langjährige Gefängnisstrafen zu erwarten.

(rv 27.05.2013 cs)








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