Die Unterzeichnung
einer ersten Übereinkunft zwischen der kolumbianischen Regierung und Vertretern der
FARC -Guerilla ist ein wichtiger erster Schritt, aber noch nicht als „historisch“
zu bewerten. Das sagte uns die Leiterin des Kolumbienreferates des katholischen Hilfswerks
Adveniat, Monika Lauer Perez. Beide Verhandlungspartner hatten am Sonntag in der kubanischen
Hauptstadt Havanna verkündet, sich auf Grundzüge einer Landreform geeinigt zu haben.
Demnach sollen Opfer von Landraub und Vertreibung entschädigt werden. Dieser Punkt
galt als wegweisend für den weiteren Erfolg der Verhandlungen zwischen der Regierung
und den „Revolutionären Streitkräften Kolumbiens“ (FARC). Monika Lauer Perez, die
auch einen Master in Friedenswissenschaften absolviert hat, ordnete dieses erste Ergebnis
im Gespräch mit uns ein:
„Zunächst einmal ist noch kein Abkommen unterzeichnet;
es ist einfach eine Vereinbarung, die Teil eines Sechs-Punkte-Programmes ist. Das
heißt, dieser Punkt allein ist sicherlich schon einmal ein Verhandlungserfolg, aber
es bedeutet kein generelles Abkommen und schon gar nicht etwas historisch Großes in
diesem Moment. Dialog und eine Vereinbarung sind ja immer als Erfolg zu werten, mehr
erst einmal aber auch nicht.“
Der Hauptpunkt, der in dieser ersten Erklärung
unterzeichnet worden ist, betrifft die Landreform. Warum ist dieser Punkt so wichtig?
„Landreform
ist im Prinzip das Thema, das die FARC seit Jahren oder besser von Anfang an auf ihrer
Agenda stehen hat - dafür hat sie die ganzen Jahre hindurch gekämpft. Es ist schon
als bedeutsam anzusehen, dass jetzt ausgerechnet dieser Punkt der erste von denen
ist, der sozusagen mit einer Vereinbarung endet. Wobei es eben nicht nur diese Vereinbarung
gibt, sondern die Regierung da auch schon im Jahre 2011 gesetzlich dran gearbeitet
hat.“
Und wie kann man das jetzt einordnen, was bedeutet es für die aktuell
stattfindenden Verhandlungen und wie könnte es weiter gehen?
„Es zeigt,
dass die Verhandlungspartner ernsthaft daran interessiert sind, zu einer Einigung
zu gelangen. Ob das jetzt nahtlos so weitergeht, muss erst einmal dahin gestellt bleiben,
die Bereitschaft ist auf jeden Fall zu erkennen. Wobei diese Bereitschaft aber auch
sicherlich mit handfesten politischen Interessen beider Seiten zu tun hat.“
Welche
politischen Interessen würden Sie denn da verorten?
„Die FARC, die den
bewaffneten Kampf jetzt aufgeben möchte, möchte sich als eine ernst zu nehmende politische
Kraft etablieren, und für Präsident Santos geht es um seine Wiederwahl im Jahr 2014.“
Gibt
es denn noch weitere Punkte in dieser ersten Einverständniserklärung, die Sie unterstreichen
oder betonen würden?
„Im Grunde genommen ist das, was vereinbart wurde,
sicherlich gut für Kolumbien. Es ist zum Teil recht vage formuliert, lässt also viel
Interpretationsspielraum. Man muss dann erst einmal sehen, wenn es an die Durchführung
geht, wie konkret das Ganze wird. So wie es jetzt dasteht, ist es erst einmal etwas
Positives und etwas, was in die richtige Richtung geht.“
Hintergrund
Seit
1964 herrscht in Kolumbien ein blutiger Konflikt zwischen der marxistisch orientierten
FARC-Guerilla und den wechselnden Regierungen. Schätzungen sprechen mittlerweile von
etwa 600.000 Todesopfern und mehr als 3,7 Millionen Vertriebenen, die der Konflikt
seit seinem Ausbruch gefordert hat. Diverse Versuche, über Verhandlungen zu einer
friedlichen Lösung zu gelangen, sind bislang gescheitert. Aktuell tagen Vertreter
der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla auf neutralem Boden in der kubanischen
Hauptstadt Havanna. Weitere Länder wie Chile, Norwegen und Venezuela haben sich als
Vermittler eingeschaltet. Unter den Punkten, die nun noch von den Verhandlungspartnern
diskutiert werden sollen, ist unter anderem das Problem, wie den FARC-Rebellen eine
politische Mitwirkung eingeräumt werden kann. Die meisten von ihnen haben wegen ihres
bewaffneten Kampfes gegen die Regierung Prozesse und langjährige Gefängnisstrafen
zu erwarten.