Die Kämpfe in Syrien
gehen mit unveränderter Härte weiter, erst am Sonntag hat die syrische Armee die von
Rebellen besetzte Stadt Al-Kuseir wieder eingenommen. Den Kampfhandlungen sind mindestens
50 Menschen zum Opfer gefallen, darunter auch zahlreiche Söldner der libanesischen
Hisbollah, die sich mittlerweile offen dazu bekennen, auf Seiten der Regierungstruppen
in Syrien gegen die Rebellen zu kämpfen. Der US-amerikanische Präsident Barack Obama
hat in seinem kürzlich erfolgten Treffen mit dem libanesischen Präsidenten seiner
Sorge über die Verstrickung der Hisbollah in den Konflikt Ausdruck verliehen, und
auch Israel hat bereits punktuelle Aktionen auf syrischem Gebiet gestartet. Wolfgang
Schwaigert ist Syrienexperte und Berater der evangelischen Landeskirche Baden-Württemberg
für Fragen des Nahen Ostens. Er erklärte uns im Interview, dass die Situation im gesamten
Nahen Osten ein Pulverfass ist, das vor allem für Christen bedenklich ist:
„Die
Verlierer bei diesem ganzen Konflikt sind gegenwärtig die Christen. Ich nehme an,
es wird in den nächsten Jahrzehnten im Mittleren Osten, also jetzt gerade in dieser
Region, keine Christen mehr geben.“
Nach Ansicht des Syrienexperten hätten
sowohl die Kirche als auch vor allem die Internationale Gemeinschaft viel früher etwas
tun müssen, um das Verbleiben der Christen im Nahen Osten zu unterstützen. Der einzig
richtige Weg, so Schwaigert, wären Verhandlungen mit Assad gewesen als dies noch möglich
gewesen sei:
„Sie haben seit 40 Jahren eine Diktatur, das ist also in den
Personen drin. Ein Frieden ohne Assad wird nie und nimmer möglich sein, und das ist
es auch, was ich an dem Verhalten Amerikas oder Deutschlands nicht verstehe, man verhandelt
mit einer Splittergruppe innerhalb der syrischen Oppositionsbewegung. Man kann in
einem solchen System nicht einfach sagen, diese Familie muss weg. Das geht im Orient
nicht. Das ist in Irak nicht gegangen, und das wird auch in Syrien nicht gehen.“
Die
Entführung der beiden orthodoxen Geistlichen aus Aleppo, von denen es auch nach einem
Monat immer noch kein Lebenszeichen gibt, sieht Schwaigert als klare Botschaft an
die verbliebenen Christen im Land.
„Ich habe große Sorge um die beiden Bischöfe,
denn die Zielrichtung ist ja nicht Lösegeld, das wären ja viele Millionen von Lira,
sondern die Zielrichtung von den Entführern ist, dass den Gemeindemitgliedern der
beiden Bischöfe gesagt wird: eure Bischöfe sind jetzt gefangen, ihr seid die Nächsten.
Also geht, wenn ihr noch gehen könnt. Die Christen haben in Syrien nichts zu suchen.
Die Brigaden betonen das auch immer wieder, an den Häuserwänden sind Aufschriften:
,geht, Syrien gehört nicht mehr euch, Syrien wird ein islamisches Land, ein islamistisches
Land.’ Und so wird es auch sein.“
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