2013-04-27 15:17:07

Bangladesch: „Mindeststandards bei der Arbeit dringend nötig“


RealAudioMP3 Die Polizei hat an diesem Samstag im Zusammenhang mit dem Einsturz eines Gebäudes in Bangladesch mindestens acht Personen festgenommen, darunter sind nach Medienangaben auch zwei Leiter von Textilunternehmen. Am Mittwoch war in Dhaka ein achtstöckiges Geschäftshaus eingestürzt; dabei kamen bislang mehr als 300 Menschen ums Leben, mehr als 2000 wurden verletzt. Das Gebäude, das auch fünf Textilfabriken beherbergte, war illegal erbaut worden. Noch einen Tag vor dem Einsturz waren Sicherheitsmängel beanstandet worden. Radio Vatikan hat mit Tito Boeri, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Mailänder Universität Bocconi, darüber gesprochen, wieso diese Tragödie nicht verhindert worden ist:

„Ich glaube, das hängt vor allem mit den nationalen Regierungen zusammen, die nicht in der Lage sind, die Einhaltung der internationalen Mindeststandards für Arbeit zu garantieren. Das Problem ist, dass in Bangladesch Mitglieder des Parlaments und der Regierung gleichzeitig auch große Anteile an Geschäften halten. Deshalb haben sie natürlich Interesse daran, den Profit dieser Geschäfte zu erhöhen und drücken bei den Kontrollen öfter mal ein Auge zu – obwohl diese dringend nötig sind.“

Die Agentur Asianews berichtet, einer der Geschäftsbesitzer in dem Gebäude habe von der großen Gefahr gewusst, und seine Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen am Tag des Einsturzes nicht zur Arbeit geschickt. Anderen Arbeitern sei hingegen von ihren Chefs gedroht worden, dass ihnen der Lohn für drei Tage abgezogen würde, wenn sie einen Tag fehlen würden. Solche Arbeitsbedingungen seien nicht nur in Bangladesch, sondern in ganz Asien ein Problem, erklärt Boeri:

„Das ist in der Tat ein sehr ernstes Problem, vor allem im Bereich der Bekleidungsindustrie. Dort herrschen wirklich unmenschliche Arbeitsbedingungen. Leider sind das Dinge, die auch von den multinationalen Unternehmen viel stärker wahrgenommen werden müssten. Sie müssen mit dafür sorgen, dass die Mindeststandards bei der Arbeit in diesen Ländern eingehalten werden. Vor allem muss man die enge Verbindung der Industrie mit der Regierung unterbinden.“

Während die Sicherheitskräfte unter den Trümmern nach weiteren Opfern suchten, demonstrierten in Bangladesch mehrere Hundert Menschen für bessere und sichere Arbeitsbedingungen. Boeri betonte im Gespräch mit Radio Vatikan, dass es auch in Europa, zum Beispiel in Italien, teilweise ähnlich schlechte Arbeitsbedingungen gebe, besonders junge und arme Einwanderer würden oft ausgebeutet.

(rv/ansa/asianews 27.04.2013 sta)









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