D/Vatikan: Kardinal Marx über seine neue Rolle im Vatikan
Acht Kardinäle sollen
den Papst beraten: Aus den Gesprächen beim Vorkonklave nahm Papst Franziskus die Anregung
einer solchen Gruppe auf, die unter anderem zu Fragen um die Reform der vatikanischen
Kurie tagen soll. Die acht Kardinäle vertreten die Weltkirche, einer arbeitet im Vatikan,
die übrigen sind Bischöfe in den Ortskirchen. Unter ihnen ist der Münchner Erzbischof
Kardinal Reinhard Marx. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat ihn zu seiner
neuen Rolle im Vatikan befragt.
Herr Kardinal, waren Sie überrascht über
die Einberufung dieser Gruppe?
„Grundsätzlich hat es mich nicht überrascht,
weil wir das tatsächlich im Vorkonklave gehört und auch selber zum Ausdruck gebracht
haben, dass es eine Beratung aus den Ortskirchen geben müsse und man darüber neu nachdenken
müsse. Das Thema Kurienreform war natürlich bei vielen Stellungnahmen ebenfalls ein
Thema, so dass die Sache an sich jetzt nicht so überraschend ist. Aber dass es mich
getroffen hat und dass es so schnell kommt, das hat mich etwas überrascht.“
Was
hat den Papst dazu gebracht, Sie zu ernennen? Ist das Ihrem Engagement in der Bischofskonferenz
der EU geschuldet?
„Da müsste man den Papst natürlich selber fragen. Es
ist jedenfalls der Wunsch offensichtlich, die ganze Welt darzustellen, die verschiedenen
Kontinente und auch die Repräsentanten aus verschiedenen Organisationen. Aber das
ist nicht strikt auf die Bischofskonferenzen oder deren Vorsitzende bezogen; der Papst
ist frei und hat frei ausgewählt. Möglicherweise kommt die europäische Komponente
hinzu, aber wohl auch andere Dinge. Es sind jedenfalls Bischöfe aus großen Diözesen
berufen worden, die also eine gewisse Verwaltungserfahrung haben. Das ist sicherlich
ebenfalls ein Element: Die Vielfältigkeit der Ortskirchen und der Kontinente zu repräsentieren
und auch Bischöfe einzuberufen, die vielleicht durch ihre eigene Leitungsverantwortung
schon eine gewisse Erfahrung haben.“
Es sind ja nicht nur Bischöfe aus verschiedenen
Kontinenten, sondern wir haben ja eine auffällige Symmetrie, die Kardinäle kommen
aus jedem Erdteil – Lateinamerika, Zentralamerika, Nordamerika, Afrika, Australien,
Europa, Asien und Vatikan. Das ist schon sehr symbolisch; wird hier noch einmal deutlich
gesagt, dass die Weltkirche den Vatikan berät?
„Das glaube ich schon. Wir
haben ja ein wenig das Gefühl gehabt – jedenfalls habe ich es gehabt und so habe ich
es auch im Gespräch mit einigen gesagt – als wir nun den Papst hatten und wir uns
wieder von Rom verabschieden konnten: Wir fahren jetzt wieder zurück in unsere Diözesen
und lassen den Papst hier allein. Allein ist natürlich nicht ganz richtig, weil er
natürlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und durchaus beraten wird und
ihm geholfen wird. Aber ich hatte das Gefühl: Wir sind Kardinäle, wir haben ihn gewählt,
jetzt müssen wir auch bereit sein, ihm zu helfen. Ich habe aber nicht daran gedacht,
dass das so konkret werden würde. Das gehört aber mit dazu, wenn man in ein solches
Amt als Kardinal hinein berufen wird und dann auch am Konklave teilnimmt, nämlich
dass man bereit ist, dem Papst zu helfen, wenn er es wünscht und dass man ihn berät,
wenn er es wünscht. Da fühle ich mich natürlich in gewisser Weise geehrt. Es ist aber
auch ein Zeichen dafür, dass er diese Beratung universalkirchlich will. Das finde
ich ist ein positives Zeichen.“
Kennen Sie sich in der Gruppe der acht Kardinäle
untereinander schon?
„Nicht alle in gleicher Intensität, aber den Kardinal
von Kinshasa kenne ich schon sehr lange, andere Kardinäle habe ich jetzt beim Konklave
kennen gelernt, Kardinal Maradiaga kenne ich auch schon von vielen Begegnungen von
Iustitia et Pax her. Es ist eine gewisse Kenntnis der Personen da, aber unterschiedlich.
Wir sind jetzt kein Kreis, der sich schon lange vorher getroffen hat oder schon lange
vorher in Kontakt war. Durch das Konklave sind wir, glaube ich, in neuer Weise zusammen
gekommen.“
Von den Inhalten der Beratungen einmal abgesehen, wie geht es
jetzt formal weiter? Passiert irgendetwas bis zum 1. Oktober, dem ersten Treffen?
Gibt es schon Papiere oder warten Sie erst einmal darauf, was der Papst Ihnen vorgibt?
„Ja,
ich muss warten. Ich habe noch keine weiteren Informationen, ob bis dahin was passiert.
Man wird sicher überlegen müssen, das Projekt noch genauer zu definieren, aber das
ist noch nicht erfolgt. Jetzt ist erst einmal deutlich vom Papst in die Weltkirche
hinein gesagt: ‚Ich will diese Beratungen, ich möchte, dass eine Kurienreform passiert,
ich wünsche, dass die Weltkirche eingebunden wird’. Und damit wird in gewisser Weise
auch das Miteinander von Kurie in Rom und Ortskirchen in neuer Weise angeschaut. Das
nehme ich als Signal auf, aber weitere Schritte sind noch nicht überlegt.“
Abschließende
Frage: Was ist ihr erster Eindruck von diesem Papst?
„Ich bin immer mehr
der Überzeugung, dass uns Gott diesen Papst geschenkt hat. Wir waren, als die Wahl
dann vorbei war, vielleicht selber überrascht davon, was wir in den zwei Tagen alles
erlebt haben. Und dann haben wir uns gefragt, was das jetzt werden wird. Aber wir
waren alle überzeugt, dass es ein Fingerzeig des Heiligen Geistes ist. Ich würde nach
den ersten vier bis acht Wochen auch sagen, dass sich das bestätigt hat und richtig
so gewesen ist. Das empfinden wir alle so, auch in den Begegnungen in den Pfarreien,
da herrscht ein großer Zuspruch und eine große Erwartung – manchmal auch eine zu große
Erwartung, ein Papst kann auch nicht die Kirche neu erfinden – aber es ist eine positive
Grundstimmung da und das macht mir natürlich große Freude.“