Im Irak sind an diesem
Samstag Regionalwahlen - überschattet von Gewalt: In den letzten Tagen starben mehrere
Dutzend Menschen durch Bomben. Fast vierzehn Millionen Stimmberechtigte dürfen in
zwölf der 18 Provinzen einen neuen Provinzrat wählen, es ist die erste Wahl nach dem
Rückzug der US-Besatzer Ende 2011. Mindestens 15 der Kandidaten für einen Sitz im
Provinzrat sind seit Jahresbeginn durch Attentate ums Leben gekommen, der letzte am
vergangenen Sonntag. Bleibt das Land auf dem absteigenden Ast? Fragen an den chaldäischen
Patriarchen Louis Sako von Babylon:
„Es stimmt, da ist ein Kampf zwischen
politischen Gruppen und Parteien im Gang – aber die Menschen können selbst über ihre
Vertreter entscheiden. Wir Christen haben einen in Bagdad, einen in Basra und einen
in Ninive und Mossul, also drei von 447 Mitgliedern der Provinzräte.“
Er
hoffe, dass jetzt „neue Leute mit konkreteren Ideen“ in den Provinzen ans Ruder kämen,
„Menschen mit Qualität und nicht nur mit persönlichen und Partei-Interessen für ihre
eigene Gruppe“, das sagt Sako auch mit Blick auf die Christen im Irak. Die Regionalpolitiker
sollten „ alle Bürger“ vertreten und nicht nur die „eigenen Leute“. Zehn Jahre nach
dem Sturz Saddam Husseins versucht der Irak weiterhin, auf eigenen Füßen zu stehen.
Doch die neue Gewalt ist ein Rückschlag dabei; mit 271 Todesopfern war der März der
blutigste Monat für den Irak seit einem halben Jahr. In den zwei Provinzen, die an
Syrien angrenzen, wird wegen Sicherheitsproblemen nicht abgestimmt.
„Es
gibt im Moment eine starke politische Spannung. Aber nicht nur an der syrischen Grenze
gibt es ein Sicherheitsproblem, auch in den großen Städten und Provinzen Kurdistans
wie Ramadi, Anbar oder Kirkuk kann keine Wahl stattfinden. Wir – das sind alle Kirchenführer
in Bagdad – wollen alles Mögliche für eine nationale Aussöhnung im Irak tun. Wir haben
mit dem Premierminister, dem Parlamentspräsident, dem Vizepräsidenten und anderen
Persönlichkeiten gesprochen, aber bei den Kurdenführern, dem Präsidenten Massud Barzani
und beim Ministerpräsidenten, warten wir noch auf einen Termin für diese Versöhnungsinitiative.
Das ist nur ein Anfang, aber ich hoffe darauf, dass wir zum Schluss ein Komitee für
Dialog und Schulwesen haben werden.“
Patriarch Sako und die Leiter anderer
Kirchen und Riten in der irakischen Hauptstadt wollen sich etwas ausdenken, um die
zerstrittenen politischen Führer des Landes an einen Tisch zu bringen.
„Wir
werden eine Gelegenheit schaffen, ein Abend- oder ein Mittagessen, zu dem alle eingeladen
sind, so dass sie mal in Ruhe zusammen reden können, und dann werden wir anfangen,
einen ernsthaften Dialog zum Wohl des Landes in Gang zu bringen. Jetzt im Moment ist
alles noch wie eingefroren, alles wartet darauf, dass mal jemand etwas in Gang bringt.
Wir haben mit fast allen gesprochen, und alle haben uns beteuert, sie seien voll des
guten Willens.“