Franziskus: Exegese muss lebendigem Glauben Rechnung tragen
Am Freitagvormittag
hat Papst Franziskus die Mitglieder der päpstlichen Bibelkommission getroffen, deren
fünftägige Beratung im Vatikan nun zu Ende ging. Nach einem Grußwort des Vorsitzenden
der Kommission, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, ermunterte der Papst die Anwesenden,
die Auslegung der Bibel stets in Abgleich mit der lebendigen Tradition der Kirche
vorzunehmen:
„Ihr seid wieder zusammen gekommen, um über ein sehr wichtiges
Thema zu sprechen: Die Inspiration und Wahrheit der Bibel. Es handelt sich um ein
Thema, das nicht nur den einzelnen Gläubigen angeht, sondern die gesamte Kirche, denn
das Leben und die Mission der Kirche basieren auf dem Wort Gottes, das die Seele der
Theologie ist und zur gleichen Zeit auch Inspiration der gesamten christlichen Existenz.“
Die
Heilige Schrift sei ein schriftliches Zeugnis des Wortes Gottes, das weit über den
Text selbst hinausgehe. Um es zu verstehen, müsse man sich in die große Traditionslinie
einreihen, die mit der Unterstützung des Heiligen Geistes und des Lehramts die kanonischen
Schriften als Wort Gottes, das an sein Volk gerichtet ist, erkannt und in der Meditation
unerschöpfliche Reichtümer daraus zutage gefördert habe. Dies sei klar in der dogmatischen
Konstitution Dei Verbum des II. Vatikanums dargelegt, so Papst Franziskus.
„Daraus folgt also, dass der Exeget darauf achten muss, das Wort Gottes
in den biblischen Texten wahrzunehmen und diese innerhalb des kirchlichen Glaubens
zu verorten. Die Interpretation der Heiligen Schriften kann nicht nur ein individueller
wissenschaftlicher Kraftakt sein, sondern muss stets mit der lebendigen Tradition
der Kirche konfrontiert, in sie eingebettet und durch sie beglaubigt werden. Diese
Norm ist entscheidend, um die korrekte und gegenseitige Beziehung von Exegese und
Lehramt zu bestimmen.“
Der Respekt für diese innerste Natur der Schriften,
führte Franziskus weiter aus, bedinge die Gültigkeit der biblischen Hermeneutik. Daraus
folge, dass jede Interpretation, die nach subjektivem Empfinden angestellt werde,
mangelhaft oder unfähig sei, dem globalen Geist Rechnung zu tragen, der im Laufe der
Jahrhunderte die Tradition des gesamten Gottesvolkes begründet hat.