Marx: „Pacem in terris“ als politische Friedensethik
Papst Franziskus hat
an diesem Donnerstag die Enzyklika „Pacem in terris“ (Frieden auf Erden) von Johannes
XXIII. gewürdigt. Der 50. Jahrestag der Enzyklika, die am 11. April 1963, veröffentlicht
wurde, solle ein Impuls sein, sich immer dafür einzusetzen, dass es Frieden und Versöhnung
auf allen Ebenen gebe, so Franziskus.
Wie aktuell das Anliegen des Roncalli-Papstes
immer noch ist, daran lassen die vielen Konflikte auf der Welt – etwa in Syrien, im
Nahen Osten oder in Mali - keine Zweifel. Es gilt als eines der wichtigsten kirchlichen
Dokumente des 20. Jahrhunderts.
50 Jahre jung ist das Schreiben „Pacem
in terris“ (Frieden auf Erden) von Johannes XXIII. Zwei Monate vor seinem Tod veröffentlichte
er den Text, in dem er die Menschenrechte anerkannte und damit eine Wende hervorrief.
Nicht nur in der heutigen Zeit ein höchst aktueller Text, erklärt Kardinal Reinhard
Marx im Interview mit dem Domradio.
„Damals lag ja mit dem Kalten Krieg
eine sehr brisante Situation vor, und die Kirche hatte durchaus einen festen Standpunkt
gegen den Kommunismus. Und dann ein Wort zu wagen, das über die Blockaden hinausgeht,
das neue Perspektiven eröffnet und einen neuen Horizont aufreißt, das ist Papst Johannes
zwei Monate vor seinem Tod wirklich gelungen mit dieser Enzyklika. Sie stellt immer
noch einen großen Text für die Friedensethik und überhaupt für die politischen Aussagen
der Kirche dar.“
Doch nicht nur für die Kirche sollte das Schreiben ein
Programm sein. US-Präsident John F. Kennedy zeigte sich höchst beeindruckt von der
politischen Enzyklika, nachdem er sie zum ersten Mal gelesen hatte. Er sagte über
das Schreiben: „Als Amerikaner habe ich von der Enzyklika gelernt.“ Und auch heute
muss die Kirche Stellung beziehen und Ratgeber für die Politik sein. Der Erzbischof
von München und Freising Marx sieht auch die Bereitschaf dazu:
„Es gibt
eine Offenheit in allen Bereichen, auch auf die Kirche zu schauen. Nicht, dass die
Politiker nur auf unsere Stellungnahmen warten und diese dann umsetzen, aber gerade
im Bereich des Militärs, in Fragen der Politik und der Wirtschaft erlebe ich, dass
man interessiert und offen ist und die kirchliche Position vielleicht nicht direkt
übernimmt, aber offen diskutiert, wenn sie gut begründet ist.“
Der damalige
Papst richtete sich mit der Enzyklika „Pacem in Terris“ ausdrücklich nicht nur an
Katholiken, sondern „an alle Menschen guten Willens“. Er schärfte das Bewusstsein
für die Rechte der Arbeiter und die Anerkennung der Frau in der Gesellschaft. Diese
Menschenrechte bezeichnete er als Grundlage internationaler Politik. Doch das wirklich
Neue in der Enzyklika sei die Perspektive auf den sogenannten „gerechten Krieg“, erklärt
Kardinal Marx.
„Er hat im Grunde genommen den Stein herausgelöst aus dem
Gebäude des "gerechten Krieges", so dass diese Perspektive eines "gerechten Krieges"
hinter uns geblieben ist. Es gibt keinen gerechten Krieg, es gibt in extremen Situationen
eine gerechtfertigte Gewaltanwendung, die aber verheerende Folgen hat und die man
dann auch verantwortlich aufarbeiten muss. Aber dass er an der Vorstellung eines "gerechten
Krieges" gerüttelt hat, ist sehr wichtig. Von ihm wurde das das System des "gerechten
Krieges" zum ersten Mal systematisch in Frage gestellt. Die Konfliktlösung auf diplomatischem
Wege ist eigentlich immer die Lehre der Kirche gewesen. Gewaltanwendung war immer
ultima ratio.“