Auch vier Jahre nach
dem Erdbeben in den Abruzzen ist die Kleinstadt L´Aquila von einem Wiederaufbau noch
weit entfernt. Dies sagt der Erzbischof von L´Aquila, Giuseppe Molinari, im Interview
mit Radio Vatikan. 309 Menschen kamen bei dem nächtlichen Erdbeben am 6. April vor
genau vier Jahren ums Leben, unter ihnen zahlreiche junge Studenten, die dem Einsturz
ihres Wohnheims zum Opfer fielen. Die italienische Politik, und in erster Person der
damalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi, hatten einen Wiederaufbau der historischen
Stadt innerhalb eines Jahres versprochen – doch die Realität sieht anders aus, so
Erzbischof Molinari:
„Zu Beginn habe ich versucht, die Dinge optimistisch
zu sehen, denn ich habe gehört, dass L´Aquila die größte Baustelle Europas werden
sollte. Man sprach von Geldern, die bereit gestellt würden, von der Wirtschaft, die
wieder auf die Beine kommen würde… Ein apulischer Bischof, den ich einige Wochen nach
dem Beben getroffen hatte, sagte zu mir: ‚Giuseppe, glaubst du denn wirklich, dass
diese Gelder kommen werden?’ Mir schien das der Gipfel des Pessimismus zu sein, doch
nach vier Jahren muss ich ihm Recht geben, der vielleicht analoge Situationen erlebt
hatte und die Realisierung dieser Versprechen als so unwahrscheinlich einschätzte.
Davon abgesehen, kam dann die große Krise. Und dennoch habe ich immer wieder versucht,
daran zu erinnern, dass man an sich hätte anfangen können, etwas zu tun – denn das
liegt nach wie vor in der Verantwortung der Politik, der öffentlichen Verwaltung.“
Im historischen Stadtzentrum, das für seine Schönheit berühmt war, scheint
die Zeit nach dem Erdbeben einfach stehen geblieben zu sein – nach wie vor gibt es
zahlreiche Gebäude, die nicht zugänglich sind. Um die Stadt herum sind Wohnsilos hoch
gezogen worden, die den Bürgern eine vorläufige Behausung geben sollten. Doch eine
Rückkehr ins Zentrum ist noch nicht absehbar. Erst kürzlich hatte Papst Franziskus
dazu eingeladen, die Peripherien der Welt zu erneuern. Diese Botschaft macht auch
dem Erzbischof von L’Aquila Mut:
„Das Erdbeben hat uns noch weiter in die
Peripherie abgedrängt, deshalb sehen wir Papst Franziskus als unseren Verbündeten
an. Seine Botschaft lenkt die Aufmerksamkeit auf alle „Letzten“, auf die Peripherien
der Welt und unseres Daseins. Und seit vier Jahren fühlen wir uns als Peripherie.
Doch wir geben die Hoffnung nicht auf.“