Kardinal Boutros Raï erklärt die Kreuzwegsmeditationen
Die Ängste und die Hoffnungen des Nahen Ostens werden in diesem Jahr im Zentrum des
Kreuzweges stehen, den der Papst mit seinem Bistum traditionell am Karfreitagabend
am Kolosseum feiert. Die Texte und Meditationen sind von einer Gruppe junger Libanesen
unter der Leitung des maronitischen Patriarchen und Kardinals Béchara Boutros Raï
verfasst worden. Radio Vatikan gegenüber gab Kardinal Raï im Vorfeld des Kreuzweges
einen Ausblick auf die Meditationen:
„Die jungen Leute, die die Meditationen
auf Grundlage der Bibelstellen formuliert haben, haben drei Punkte ins Zentrum der
Betrachtungen gestellt. Erstens, die spirituelle Meditation; zweitens, die Leiden
des Nahen Ostens und der gesamten Menschheit, und drittens die Erwartung der Hoffnung
durch den gekreuzigten Herrn Jesus Christus, der auferstanden ist. Und so sind die
vierzehn sehr reichen Kreuzwegstationen zustande gekommen. Als ich die Arbeit zu Gesicht
bekommen habe, war mein Eindruck, dass die Meditationen unterschiedliche Blickwinkel
beleuchten, dies aber auf eine sehr koordinierte Art und Weise tun, die die Lebenswirklichkeit
der gesamten Menschheit zum Inhalt hat.“
Lebenswirklichkeit aller
Menschen
Das Leiden Christi, das in den Stationen thematisiert werde,
finde in den Leiden der gesamten Menschheit seine Fortsetzung, und - mit Blick auf
die stets durchscheinende Hoffnung auf Erlösung, die der orientalischen Liturgie innewohnt
- letztlich auch seine Erfüllung. Doch die Meditationen seien ebenso Ausdruck der
orientalischen Lebenswirklichkeit und der Bedingungen, unter denen die jungen Verfasser
heute im Nahen Osten leben, so der Patriarch:
„Der Krieg, die Gewalt, die
enttäuschten Erwartungen der jungen Menschen, die die Horizonte vor sich verschlossen
sehen, die Leiden der Migration, das Fehlen einer sicheren Zukunft für die Jugend
und die unlösbaren Probleme, dass die internationale Gemeinschaft sich nicht darum
kümmert, Lösungen für die Wahrung des Friedens und der Gerechtigkeit auf der Welt
zu finden. Wir im Nahen Osten leben auch die große Tragödie des Palästinenser-Konfliktes,
des Krieges in Syrien. Ebenso betreffen uns das Zusammenleben mit den Muslimen und
die Zunahme des radikalen Fundamentalismus. Dies sind alles Probleme auf lokaler Ebene,
die jedoch Auswirkungen auf die Internationale Gemeinschaft haben. Diese Probleme
sind in die Gebete und Meditationen der Jugendlichen eingeschlossen worden.“
Einfluss
des Schreibens Benedikt XVI.
Auch die apostolische Exhortation „Ecclesia
in Medio Oriente“, die Papst Benedikt bei seinem Besuch im Libanon im vergangen Oktober
überreicht hatte, sei intensiv studiert worden und in die Meditationen eingeflossen,
erklärte der Patriarch.
„Die jungen Menschen haben verstanden, dass sie
selbst die Kirche im Nahen Osten sind. Die Kirche findet ihren Ausdruck in den Christen,
und insbesondere in den jungen Christen. Die Exhortation ist sehr reich und intensiv
in ihrem Aufruf zur Einheit, sich dem anderen zu öffnen und Brücken zu all denen zu
bauen, mit denen wir leben. In der Tat, die Einheit, von der die Exhortation spricht,
geht von einer inneren Einheit der katholischen Kirche aus, die sich ausweitet auf
die anderen christlichen Konfessionen, Orthodoxe, Protestanten, aber auch auf Muslime,
Juden und andere Religionsgemeinschaften. Deshalb haben sie in der Exhortation viele
Anregungen dafür gefunden, die Sorgen und Nöte, aber auch die Gebete in enger Anlehnung
an die orientalische Liturgie auszudrücken.“
Auch der Kreuzweg wird wie
gewohnt live und mit deutschem Kommentar ab 21.05 Uhr übertragen, unsere Kommentatorin
ist Gudrun Sailer. In den kommenden Tagen stehen weitere Live-Übertragungen auf dem
Programm: Die Feier der Osternacht am 30. März mit wurde in diesem Jahr um eine halbe
Stunde vorgezogen, auf 20.20 Uhr. Unser Kommentator ist Pater Bernd Hagenkord SJ.
An Ostern, also am 31. März, feiert der Papst die Ostermesse um 10.05 Uhr. Danach
verkündet der Papst um die Mittagszeit seine Osterbotschaft und spendet den Segen
„Urbi et Orbi“ – der Stadt und dem Erdkreis. Unsere Kommentatorin ist Stefanie Stahlhofen.