Kardinal Koch lobt Welby, kündigt Russlandreise an
Realismus und Glaubensstärke
verbinden sich im neuen Erzbischof von Canterbury, Primas Justin Welby. Das sagt der
Ökumene-Beauftragte des Vatikans, der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch, über das
Oberhaupt der anglikanischen Weltgemeinschaft im Interview mit Radio Vatikan. Justin
Welby wurde am Donnerstag in einer feierlichen Zeremonie in der Kathedrale der Stadt
sein Amt als 105. Erzbischof von Canterbury übertragen. Koch war als Vatikanvertreter
dabei:
„Mein Eindruck ist, dass er ein sehr realistischer Mensch ist, der
sehr in dieser Welt steht und von seinen früheren Aufgaben her die Welt ja auch sehr
gut kennt. Auf der anderen Seite, meine ich, ist er ein tief gläubiger Mensch, dem
vor allem die Vertiefung, die Verbreitung des Glaubens in der heutigen Welt ein sehr
wichtiges Anliegen ist. Er ist zutiefst überzeugt, dass wir die Probleme der heutigen
Gesellschaft ohne den Glauben nicht lösen können.“
Treffen von Primas
Welby und Papst Franziskus in Planung Dass sich der neue Papst und der
Anglikaner-Primas schon bald begegnen könnten, schließt Koch nicht aus. Die Einladung
an Welby sei ausgesprochen, und der Primas selbst habe Interesse bekundet:
„Es
ist sein eigener Wunsch, möglichst bald nach Rom zu kommen und dem Heiligen Vater
zu begegnen. Dieser Wunsch hat mich natürlich sehr gefreut, und wir werden versuchen,
auch von der Agenda her das so zu planen, dass es zu einem guten Treffen kommt und
hilft, den ökumenischen Dialog zu fördern.“
Mit Papst Franziskus sieht
der Präsident des päpstlichen Rates für die Einheit der Christen die Ökumene auf einem
guten Weg:
„Ich bin überzeugt, dass dem Heiligen Vater Franziskus die Ökumene
sehr am Herzen liegt. Das hat sich auch bei der ersten Audienz, die er für alle Repräsentanten
der Ökumene gegeben hat, sehr gezeigt, dass er diesen Weg weiterführen will, und für
ihn ist das auch eine Frage der Glaubewürdigkeit der Botschaft des Evangeliums in
der heutigen Welt, dass wir jene Einheit und Versöhnung finden, die Christus uns aufgetragen
hat. Ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass Papst Franziskus hier eine gute Zukunft
ermöglichen wird.“
Die Anwesenheit des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel
bei der Amtseinführung von Franziskus’ und bei seiner Audienz für die Vertreter der
christlichen Kirche und Gemeinschaften sei eine „sehr schöne Frucht der bisherigen
ökumenischen Bemühungen“, so Koch. Bartholomaios I. war der erste Ökumenische Patriarch
seit dem Großen Schisma von 1054, der an der Amtseinführung eines römischen Papstes
teilgenommen hat.
„Patriarch Bartholomaios ist ja auch am 11. Oktober,
zur Eröffnung des Jahres des Glaubens und zum 50-Jahr-Jubiläum zur Eröffnung des Zweiten
Vatikanischen Konzils, nach Rom gekommen. Und von daher war es fast selbstverständlich,
dass er bei der Inauguration auch dabei sein würde. Papst Franziskus war es ja auch
ein besonderes Anliegen, ihn zu ehren, indem er ihm in der Eucharistiefeier den Friedensgruß
geschenkt hat. Und wir haben natürlich zwischen Konstantinopel und Rom natürlich gute
Beziehungen, weil am Patronatsfest von Sankt Peter und Paul in Rom immer eine hohe
Delegation von Konstantinopel nach Rom kommt und ich auf der anderen Seite am 30.
November zum Fest des heiligen Andreas nach Konstantinopel reise. Diese gegenseitigen
Besuche helfen sehr, die Beziehungen zu vertiefen.“
Große Gesten
der Ökumene Patriarch Bartholomaios hatte den Wunsch geäußert, mit dem
Papst nach Jerusalem zu reisen und dort den Spuren Paul VI. und seines Vorgängers
Athenagoras (Patriarch von Konstantinopel 1948-1972, Anm. d. Red.)zu folgen.
Die symbolisch bedeutsame Begegnung der beiden Kirchenvertreter im Heiligen Land hatte
damals zu einem Durchbruch der Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel beigetragen.
Paul VI. hatte dem Patriarchen als Nachfolger des Apostels Andreas bei dieser Gelegenheit
das Haupt des Apostels zurückgegeben. Die Reliquie war eine der vier Hauptreliquien
in den vier Pfeilern des Petersdoms und war von Kreuzfahrer 1204 in Konstantinopel
geraubt worden. Koch:
„Es ist der große Wunsch, den Patriarch Bartholomaios
geäußert hat, auch mir gegenüber, dass er das dem Heiligen Vater ans Herz legen will,
und ich finde diese Idee sehr schön, wir werden die mit dem Heiligen Vater besprechen
und schauen, wie sie umgesetzt werden kann. Denn die Erinnerung an die Begegnung zwischen
Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras war natürlich ein hoffnungsvoller
Schritt in die Zukunft, und um den ökumenischen Beziehungen neue Kraft und neuen Mut
zu geben, wäre das natürlich ein schönes Zeichen .“
Auch die Beziehungen
zu den Russisch-Orthodoxen seien besser geworden, so Koch, allerdings gebe es hier
weiteren Handlungsbedarf:
„Die Beziehungen zwischen Moskau und Rom sind
sicher besser geworden als in der Vergangenheit, obwohl hier noch einige Fragen offen
sind und bisher wenig Anzeichen von Moskau her kommen, Anzeichen für eine Bereitschaft
zur Begegnung zwischen Patriarch Kyrill und Papst Franziskus. Aber es kommt darauf
an, dass die ökumenischen Beziehungen und Dialoge vertiefen können, und dem dient
natürlich mein Besuch in Sankt Petersburg und Moskau Ende April, um hier weitere Schritte
tun zu können.“