„Seid Hüter der Gaben
Gottes“ – mit diesem Appell hat sich Franziskus in seiner Predigt zum offiziellen
Amtsantritt an diesem Dienstag an die Gläubigen gewandt. Am Josefstag ging der Papst
besonders auf die Rolle Josefs ein – und er versäumte es auch nicht, seinem Vorgänger,
dem emeritierten Papst Benedikt XVI., an dessen Namenstag noch einmal seinen Dank
und seine Nähe auszusprechen.
Josef, ein Hüter – ausgehend vom Evangelium
(Mt 1, 24) legt Franziskus dar, dass Josef, der Hüter von Jesus und Maria, für eine
Obhut steht, die sich auf die ganze Kirche ausweitet. Das habe der selige Johannes
Paul II. betont, so Franziskus, der die Berufung des Josef genau beschreibt:
„Wie
führt Josef diese Hüter-Tätigkeit aus? Rücksichtsvoll, demütig, im Stillen, aber beständig
gegenwärtig und in absoluter Treue, auch dann, wenn er nicht versteht. Von der Heimholung
Marias bis zur Episode des zwölfjährigen Jesus im Tempel von Jerusalem begleitet er
fürsorglich und liebevoll jeden Moment.“
Josef als Hüter von Maria, Jesus
und der Kirche sei ständig aufmerksam gegenüber Gott, er sei offen für dessen Zeichen
und verfügbar für den Plan Gottes, dem er seine eigenen Pläne unterordne, führt der
Papst weiter aus. Gerade weil Josef auf Gott zu hören verstehe, sei er noch einfühlsamer
für die ihm anvertrauten Menschen und aufmerksam für seine Umgebung. Er verstehe es,
Ereignisse klug und mit Realismus zu deuten.
„An ihm sehen wir, liebe Freunde,
wie man auf den Ruf Gottes antwortet: verfügbar und unverzüglich; aber wir sehen auch,
welches die Mitteder christlichen Berufung ist: Christus! Hüten
wir Christus in unserem Leben, um die anderen zu behüten, um die Schöpfung zu bewahren!“
Ähnlich
wie in seiner allerersten Predigt als Papst in der Sixtinischen Kapelle warnt Franziskus
auch hier noch einmal vor der Verweltlichung: „Gott will nicht ein vom Menschen gebautes
Haus, sondern er wünscht sich die Treue zu seinem Wort, zu seinem Plan. Und Gott selbst
ist es dann, der das Haus baut, aber aus lebendigen, von seinem Geist gekennzeichneten
Steinen“, führt Franziskus mit Blick auf den David in der ersten Lesung weiter aus.
Die Berufung zum Hüten „geht nicht nur uns Christen an“
Und
dann weitet der Papst – das mag manche aufhorchen lassen – den Blick über das Christentum
hinaus, spricht von einer Aufgabe, die allen Menschen zufällt:
„Die
Berufung zum Hüten geht (…) nicht nur uns Christen an; sie hat eine Dimension, die
vorausgeht und die einfach menschlich ist, die alle betrifft.“
Diese Berufung
bestehe darin, „die gesamte Schöpfung, die Schönheit der Schöpfung zu bewahren“ –
so wie es der heilige Franziskus von Assisi zeige. Die Hüteraufgabe aller bestehe
darin, vor jedem Geschöpf Gottes Achtung zu haben und vor der Umwelt, in der wir leben.
Die Menschen zu hüten heiße, „sich um alle zu kümmern, um jeden Einzelnen, mit Liebe,
besonders um die Kinder, die alten Menschen“ und die Schwachen, die „oft in unseren
Herzen an den Rand gedrängt werden“, zählt Franziskus auf. Doch auch von der Ehe und
der Familie spricht er, von der elterlichen Sorge für die Kinder und der Fürsorge
für die eigenen Eltern.
„Im Grunde ist alles der Obhut des Menschen anvertraut,
und das ist eine Verantwortung, die alle betrifft. Seid Hüter der Gaben Gottes!“
Andernfalls
„gewinnt die Zerstörung Raum, und das Herz verdorrt“, in jeder Epoche der Geschichte
gebe es solche „,Herodes‘, die Pläne des Todes schmieden“ und „das Gesicht des Menschen
zerstören und entstellen“. Franziskus wendet sich hier mit einem klaren Appell an
Verantwortungsträger in Politik und Gesellschaft:
„Alle Verantwortungsträger
auf wirtschaftlichem, politischem und sozialem Gebiet, alle Männer und Frauen guten
Willens möchte ich herzlich bitten: Lasst uns ‚Hüter’ der Schöpfung, des in die Natur
hineingelegten Planes Gottes sein, Hüter des anderen, der Umwelt; lassen wir nicht
zu, dass Zeichen der Zerstörung und des Todes den Weg dieser unserer Welt begleiten!“
Eng
verknüpft der Papst hier die Sorge um die Umwelt mit der Sorge um sich selbst: Friede
und Liebe beginnen im Innern des Menschen, könnte man ihn hier frei übersetzen. Franziskus:
„Doch
um zu ‚behüten’, müssen wir auch auf uns selber Acht geben! Erinnern wir uns daran,
dass Hass, Neid und Hochmut das Leben verunreinigen! Hüten bedeutet also, über unsere
Gefühle, über unser Herz zu wachen, denn von dort gehen unsere guten und bösen Absichten
aus: die, welche aufbauen, und die, welche zerstören! Wir dürfen keine Angst haben
vor der Güte, ja, nicht einmal vor der Zärtlichkeit!“
Die wahre Macht
ist das Dienen
„Der wahre Hirte ist das Lamm“, hatte Benedikt XVI.bei seinem Amtsantritt am 24. April 2005 betont. Auch Franziskus führt in seiner
Predigt aus, wie er das Petrusamt versteht:
„Vergessen wir nie, dass die
wahre Macht der Dienst ist und dass auch der Papst, um seine Macht auszuüben, immer
mehr in jenen Dienst eintreten muss, der seinen leuchtenden Höhepunkt am Kreuz hat;
dass er auf den demütigen, konkreten, von Glauben erfüllten Dienst des heiligen Josef
schauen und wie er die Arme ausbreiten muss, um das ganze Volk Gottes zu hüten und
mit Liebe und Zärtlichkeit die gesamte Menschheit anzunehmen, besonders die Ärmsten,
die Schwächsten, die Geringsten, diejenigen, die Matthäus im Letzten Gericht über
die Liebe beschreibt: die Hungernden, die Durstigen, die Fremden, die Nackten, die
Kranken, die Gefangenen (vgl. Mt 25, 31-46). Nur wer mit Liebe dient, weiß zu behüten!“
Ausgehend
von der zweiten Lesung (Röm 4,18) und Abraham, der „gegen alle Hoffnung (…)
voll Hoffnung geglaubt“ hat, zieht Franziskus eine Parallele zur heutigen Zeit: Auch
heute, „angesichts so vieler Wegstrecken mit grauem Himmel“, sei es nötig, „das Licht
der Hoffnung zu sehen“, ja „selber Hoffnung zu geben“.
„Die Schöpfung zu
bewahren, jeden Mann und jede Frau zu behüten mit einem Blick voller Zärtlichkeit
und Liebe, bedeutet, den Horizont der Hoffnung zu öffnen, bedeutet, all die Wolken
aufzureißen für einen Lichtstrahl, bedeutet, die Wärme der Hoffnung zu bringen! Und
für den Glaubenden, für uns Christen – wie schonfür Abraham
und für den heiligen Josef – hat die Hoffnung, die wir bringen, den Horizont Gottes,
der uns in Christus aufgetanist; ist die Hoffnung auf den Felsen
gegründet, der Gott ist.“
Jesus mit Maria zu behüten, die gesamte Schöpfung
zu behüten, jeden Menschen zu behüten, besonders die Ärmsten, auch uns selbst behüten
– zu diesem Dienst seien der „Bischof von Rom“ und „wir alle“ berufen, erinnert Franziskus.