Die innere Dynamik des Wahlprozesses: Ein Kommentar
Berichterstattung
und die Dynamik des Wählens: Ein Kommentar von unserem Redaktionsleiter Pater Bernd
Hagenkord.
Etwas geschockt war ich schon, als Tagesschau.de mich per Eilmeldung
auf meinem Smartphone darauf hinwies: Konklave - Erster Wahlgang gescheitet. Der Artikel
auf Sueddeutsche.de fängt genauso an: Der erste Wahlgang ist „gescheitert".
Das
ist schon ein merkwürdiges Verständnis von demokratischen Prozessen, dass ein nicht
Zustandekommen einer Mehrheit im ersten Wahlgang ein „Scheitern" darstellen soll.
Wahlen sind Prozesse, keine ad hoc Sofortereignisse. Wer Entscheidungsprozesse und
noch besser Wahlprozesse in kleinen Gruppen kennt, der weiß um die Gruppendynamik,
die dabei entsteht.
Man entscheidet sich für A. Dann sieht man, dass A wenig
Stimmen hat und muss überlegen, ob man bei A bleibt, den stärkeren Kandidaten B wählt,
oder vielleicht C. Und man muss entscheiden, wann man das tut. Und diese Überlegungen
stellen im Konklave alle 115 Kardinäle an. Das ist komplex und eine ganz eigene Form
von Kommunikation.
Die Entscheidung entwickelt sich auf diese Weise. Der Heilige
Geist ist kein Diktator, der Gottes Willen aufdrückt, er will entdeckt werden auf
die verschiedensten Weisen, bei der Papstwahl in einem demokratischen Wahlverfahren.
Dem muss man Zeit geben.
Was ich an diesen Schnellschuss-Überschriften und
plakativen Begriffen wie „Gekungel“, „Machtkampf“ etc. wirklich daneben finde, ist
dass sie nicht helfen, zu verstehen. Dafür sind wir Journalisten aber eigentlich da:
Zu berichten und zu helfen beim Verstehen dessen, was da abläuft. Das gilt auch für
den Wahlprozess. Herumgerate hilft nicht.
Für die nähere Zukunft: Ein kurzes
Konklave ist nicht automatisch ein Zeichen für Absprachen im Vorfeld. Ein langes Konklave
ist nicht automatisch ein Zeichen für Blockade oder ein gespaltenes Kardinalskollegium.
Beides sind Zeichen eines Wahlprozesses, der Zeit braucht.
Wir Beobachter wollen
schnell ein Ergebnis und noch schneller die Beurteilung, am besten noch vor dem Ereignis
selber. Die Erregung ist hoch, aber im Augenblick braucht es eher ein wenig Ruhe und
Nachdenken, um das Geschehen hier verstehen zu können.