2013-03-11 15:56:49

Der neue Papst: Die ersten Schritte


RealAudioMP3 Was macht eigentlich ein frisch gewählter Papst, welche ersten Schritte muss er seinem Amt gemäß setzen? Wir sprachen vor der Papstwahl mit dem Historiker Ulrich Nersinger und beginnen in dem Moment vor dem „Habemus Papam“.

Der Auszug des frisch gewählten Papstes aus der Sixtina zur Mittelloggia des Petersdomes: hat das wieder einen Prozessionscharakter wie der Einzug ins Konklave, oder ist das eine eher informell-freudige Sache?

Ich würde sagen, informell-freudig. Mich hat stark beeindruckt, was wir da 2005 gesehen haben. Dass der Papst sich zeigt und an allen anderen Fenstern die Kardinäle in sehr lebendiger Weise erscheinen, also nicht mit gefalteten Händen, sondern auch mal einen Blick werfen auf die Menge am Petersplatz, das ist ein sehr lebendiges Zeichen.

Es IST ja auch etwas Freudiges, einen neuen Papst zu haben, als solches steht es auch in der Verkündigungsformel. Das WHabemus PapamW selbst, diese öffentliche Formel der Bekanntgabe des neuen Papstes: Warum verkündet es der Kardinalprotodiakon?

Er ist der ranghöchste der Kardinaldiakone. Man hat diese ganzen verschiedenen Zeremonien verteilt auf die einzelnen Rangstufen der Kardinäle. Da kommt dem Protodiakon, dem ersten der Diakone, diese Aufgabe zu.

Aus welchem Grund spricht der frischgewählte Papst sofort seinen ersten Segen Urbi et Orbi und stellt sich z.B. nicht erst einmal vor?

Das ist eine alte Tradition. Man hat früher nach der Wahl keine Ansprache gehalten. Das erste Mal war bei Johannes Paul II., übrigens geschah das nicht zur Freude des damaligen Zeremonienmeisters, der dann immer wieder – zwar leise, aber man hörte es immer – vernehmlich das kleine Wort „basta“, „es reicht“, flüsterte! Johannes Paul II. hat das ignoriert und sagte sich wohl, das ist meine erste souveräne Entscheidung, mich dann auch mit den Leuten zu unterhalten. Das ist eine Tradition, die sich dann eingebürgert hat.

Was sind die Pflichten des neuen Papstes, die ersten Schritte protokollarischer oder sonstiger Natur?

Der Papst ist frei in allem, was er tut. Spezielle Pflichten gibt es nicht, höchstens von der Tradition her; bestimmte Schritte, die gesetzt werden. Man muss immer bedenken, dass der Papst in dem Augenblick, in dem er die Wahl annimmt, voll und ganz Papst ist. Im strengen Sinn gibt es keine Amtseinführung, keinen Akt, mit dem er offiziell das Amt übernimmt. In dem Augenblick, in dem er die Wahl annimmt, ist er der Papst. Alles was danach geschieht an Liturgien und Zeremonien ist nur ausdeutend und nichts, was seinem Amt hinzugefügt wird. In früheren Zeiten hatten wir die Krönung, auch das war ein rein ausdeutendes Zeichen. Er bekam nichts mehr dazu, sondern man versuchte, mit bestimmten Symbolen das Petrusamt stärker herauszustellen. Das war früher stark mit der Krönung und mit der Besitzergreifung der eigentlichen Bischofskirche des Papstes, der Lateranbasilika, ausgedrückt.

Zusammengefasst, was etwa die Audienzen betrifft: es ist seinem Amtsverständnis und seinem Naturell überlassen, mit wem und wie und wann er das macht, richtig?

Richtig, aber er wird sich an Traditionen halten. Es wird ja eine Feier geben auf dem Petersplatz, in dem der Beginn des Pontifikates allen deutlich gemacht wird, und es werden alle Staatsoberhäupter und Regierungsdelegationen und Vertreter anderer Kirchen anwesend sein, und die werden auch in Audienzen empfangen werden. Das diplomatische Korps wird empfangen werden, das sind auch Dinge, die von der Natur der Sache her gemacht werden. Aber wie es im Einzelnen geschieht, ist dem Papst überlassen.

Ein neuer Papst muss auch erst quasi seine Familie gründen, er muss seine Wohnung im apostolischen Palast in Besitz nehmen. Wie geschieht das?

Viele Institutionen sind schon da. Es gibt die Präfektur des päpstlichen Hauses, das Amt für die päpstlichen Zeremonien. Aber er wird seinen persönlichen Hausstand berufen müssen, seine Sekretäre benennen, die Leute, die ihm den Haushalt besorgen, diese praktischen Dinge, wer kocht für den Heiligen Vater, wer erfüllt das Amt des Kammerdieners. Das muss er entscheiden. Die Wohnung muss eingerichtet werden, das haben wir ja auch erlebt beim letzten Mal, dass Benedikt noch einmal in seine alte Wohnung gegangen ist und verfügt hat, was hineinkommt und was nicht – durchaus praktische Sachen.

Hat der neue Papst irgendwelche Pflichten gegenüber seinem zurückgetretenen Amtsvorgänger?

Nein. Auch da ist er völlig frei. Er wird natürlich Entscheidungen treffen müssen. Wir haben das seit 700 Jahren nicht gehabt, auch weil es immer die Angst gab, was mache ich mit einem zurückgetretenen Papst. Es hatte für die Nachfolger immer sozusagen ein Gefahrenpotential. Wird sich der Nachfolger äußern? Und wird das gegen den regierenden Papst verwendet werden können? Das sind berechtigte Sorgen, und der neue Papst wird sehr schnell diese Sachen regeln müssen. Es kam etwa die Meldung, dass der Schülerkreis des früheren Papstes ihn treffen möchte. Ich glaube, dass das nicht möglich sein wird und man es nicht tun sollte. Denn jedes Wort, das dann aus der Residenz des zurückgetretenen Papstes herausdringt, wird dann interpretiert werden. Das betrifft sogar die direkte Umgebung des alten Papstes; ich denke auch an seinen Bruder. Man wird das so regeln müssen, dass er sich gegenüber der Presse nicht äußern kann und darf, weil immer die Gefahr besteht: „Ja aber der Altpapst hat gesagt…“. Hier hat das letzte und entscheidende Wort der künftige Papst.

(rv 11.03.2013 gs)








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