2013-03-11 15:56:12

Das Konklave: Schritte und Riten der Papstwahl


RealAudioMP3 Dienstagnachmittag ziehen 115 Kardinäle in die Sixtinische Kapelle im Vatikan ein, um den nächsten Papst zu wählen. Wie sich ein Konklave gestaltet, ist in allen Schritten genau festgelegt. Wir sprachen darüber mit dem Kirchenhistoriker und Vatikankenner Ulrich Nersinger.

Der Einzug ins Konklave: Wie gestaltet er sich?

Der Einzug ins Konklave findet am Nachmittag statt. Am Vormittag die Messe, am Nachmittag der Einzug. Man wird sich in der Cappella Paolina im Apostolischen Palast versammeln und von dort in die Sixtina ziehen. Die Kardinäle schreiten unter Vorausgang des Kreuzes und des päpstlichen Zeremonienmeisters und seiner Gehilfen sowie bestimmter Würdenträger der Kirche. Der Gesang wird von der Sixtinischen Kapelle begleitet werden…

Also vom päpstlichen Chor?

Ja, vom Chor der Sixtinischen Kappelle.

Gesungen wird der alte Hymnus „Veni Creator Spiritus“, Komm Schöpfer Geist, kehr bei uns ein…

Ja. Und wie beim letzten Konklave die Heiligenlitanei, also die Anrufung der Heiligen um ihren Beistand bei dieser Wahlabstimmung.

Worin äußert sich der quasi sakrale Charakter einer Papstwahl?

Man muss vorsichtig sein, wenn man vom sakralen Charakter spricht. Ich entsinne mich an ein Interview, das der damalige Kardinal Ratzinger August Everding gegeben hat, das ist schon länger her. Damals sprach ihn Everding darauf an, auf die starke religiöse Bedeutung, den Beistand des Heiligen Geistes. Dann hat ihn Kardinal Ratzinger, um es salopp zu sagen, etwas heruntergeholt von dieser Argumentation und darauf hingewiesen, dass es immer ein religiöses Geschehen ist, aber eben eingebettet in ein weltliches Erleben. Das ist glaube ich eine vernünftige Interpretation. Natürlich ist alles, was dort abläuft, eingebettet ins Leben der Kirche und man sollte nicht zu stark das ganze einen sakralen Charakter geben. Denn wenn man sich die Konklaveveranstaltungen der Vergangenheit ansieht, gab es da durchaus auch Streitigkeiten und weitaus schlimmere Sachen. Und das seit Beginn der Kirche, ich denke im Neuen Testament an die Nachfolge des Apostels Judas. Oder denken wir an das erste Apostelkonzil. Das waren zwar religiöse Handlungen, aber eben auch Handlungen, die mit sehr menschlichen Problemen und Schwächen durchsetzt waren. Man soll den feierlichen religiösen Charakter sehen, aber sich hüten, das in einen stark überhöhten Bereich zu setzen. Ich habe in letzter Zeit auch manche Äußerungen von Kardinälen gehört, die mir dann doch etwas zu fromm waren.

Was ist der religiöse und was der weltliche Anteil der Papstwahl?

Das Konklave ist ganz eingebettet ins Leben der Kirche. Es ist ein Geschehen, das sich in der Verantwortung auch vor Gott vollzieht, wo auch der göttliche Beistand erbeten wird und vorhanden ist. Auch die Zusicherung Christi, bis zum Ende aller Tage bei der Kirche zu sein, kommt hier immer wieder deutlich zu Tage. Aber es ist eben ein Geschehen, das auf der Erde geschieht. Kirche hat ja auch den Auftrag, in dieser Welt tätig zu sein und ist daher immer mit diesen weltlichen und irdischen Dingen mitbehaftet. Dass es bei einem Konklave auch zu persönlichen Bemühungen kommt, dass mancher die eigene Person etwas mehr in den Vordergrund stellt, als das gewünscht ist, auch persönliche Interessen und Gruppierungen, halte ich für ganz normal. Das muss aber dem religiösen Charakter nicht unbedingt widersprechen. Man muss diese Komponenten zusammenführen und das eine nicht überbetonen.

Folgt die Sitzordnung in der Sixtina der Rangfolge der Kardinäle?

Ja, die folgt der Rangordnung: zunächst Kardinalbischöfe, dann Kardinalpriester und zuletzt Kardinaldiakone. Man behält bei diesen Angelegenheiten, auch bei der Wahl werden wir sehen, dass die Kardinäle nach ihrem Ordo – nach ihrer Ernennung oder der Einordnung in ihren Ordo – zur Wahl schreiten.

Wie sehen die Wahlzettel aus?

Sie sind heute relativ einfach gehalten, früher waren sie viel komplizierter. Es ist ein handlicher kleiner Zettel. In lateinischer Sprache steht darauf: Ich wähle zum Papst, und darunter trägt der wählende Kardinal seinen Kandidaten ein. Er soll das mit verstellter, aber lesbarer Schrift tun. Dann wird der Zettel gefaltet. Früher gab es ganz komplizierte Faltungen, und ich kann mich auch erinnern, dass man eine Art Codewort auf dem Wahlzettel anbringen musste, sodass man im Notfall, wenn es Zweifel gab, erkennen konnte, wer da abgestimmt hat. Das hat man stark vereinfacht.

Die einzige Verbindung zur Außenwelt der Kardinäle während des Konklaves ist ein Ofenrohr. Es sind aber zwei Öfen, nicht bloß einer…

Mit den Öfen haben wir bei den letzten Konklaveveranstaltungen immer Probleme gehabt. Man hat schon 2005 den Ofen modifiziert. Viele haben sich gewundert, dass da auf einmal zwei Ofenrohrer waren. Auch die Farbe des Rauches war ein Problem, weil man nicht sofort erkennen konnte, ob es weißer oder schwarzer Rauch war. 2005 hat man chemische Zusätze beigesetzt, aber auch das hat nicht ganz funktioniert. Man hat damals verfügt, dass als weiteres sicheres Zeichen für die erfolgte Wahl die Glocken von Sankt Peter läuten sollten. Man wird auf den Ofen nicht verzichten, weil es ein sehr eindrucksvolles Zeichen ist, aber man wird vermutlich wieder zusätzlich zu den Glocken greifen.

Wer bleibt nach dem „Extra Omnes“ neben den Kardinälen noch in der Sixtina?

Auch dieses „Extra Omnes“ ist uns sehr vertraut aus Filmen. Ich denke an „In den Schuhen des Fischers“ mit Anthony Quinn. Aber man hat natürlich eine kleine logistische Schwierigkeit. Man wird auch diesmal, wie 2005, diese Worte sprechen. Dann werden die Türen verschlossen, die Kameras werden sich aus den Bereichen entfernen, aber so ganz zu ist es noch nicht. Denn in der Sixtina verbleiben dann der päpstliche Zeremonienmeister mit einem Ordensmann – es kann auch ein Kardinal sein, der nicht mehr wahlberechtigt ist -, der den Papstwählern eine Ansprache hält (Anm.: inzwischen wurde bekannt, dass die Betrachtung diesmal der 87-jährige Augustiner-Kardinal Prosper Grech halten wird). In gewisser Weise eine kleine Predigt, eine Ermahnung, was sie im spirituellen nun beachten sollen. Erst dann gehen der Zeremonienmeister und derjenige, der die Ansprache gehalten hat, wenn er über 80 ist, hinaus, und erst dann werden die Türen der Sixtina definitiv geschlossen. Das heißt in der Sixtina befinden sich dann wirklich nur noch die wahlberechtigten Kardinäle und niemand anders. Und alle Aufgaben, die dann in der Kapelle anfallen, werden von den Kardinälen selber übernommen. Das geht bis hin zum Verbrennen der Stimmzettel, also auch die Bedienung des Ofens muss dann von einem der Kardinäle vorgenommen werden.

Nun gibt es bestimmte Kategorien von Personen, die von Amts wegen vor den Türen der Sixtina sitzen und warten, bis der neue Papst gewählt ist. Wer sind diese Personen, die da warten, und wie muss man sich das vorstellen?

Es warten natürlich vor allem die Personen, die nötig sind, um den Akt der Annahme der Wahl als Notare zu besiegeln. Wenn es zu einem positiven Wahlausgang gekommen ist und der Kandidat die Wahl angenommen hat, wird der rangjüngste der Kardinäle zur Tür der Sixtina schreiten, die öffnen und den päpstlichen Zeremonienmeister mit einem seiner Gehilfen hineinbitten, um dann den Akt dieser Wahlannahme notariell zu beglaubigen. Für diesen Fall haben die Zeremoniare des Papstes die Vollmachten der Apostolischen Protonotare, sie werden diesen Wahlakt dann beurkunden und auch dabei sein, wenn der Papst sich seinen Namen gibt. Dann ist die Möglichkeit gegeben, das entscheidet aber der Papst selbst, dass diejenigen Leute herantreten, die für die kommenden Ereignisse wichtig sind. Es wird der Präfekt des päpstlichen Hauses zugelassen, der Substitut des Staatssekretariates, also auch alle Leute, die jetzt nach der Wahl Funktionen wahrnehmen müssen. Der Substitut wird die ausländischen Regierungen informieren müssen, der Präfekt des päpstlichen Hauses wird die nun anstehenden päpstlichen Zeremonien vorbereiten müssen. Also all die Leute, die sofort herangerufen werden, sind die, die mit dem Pontifikat schon vertraut werden müssen.

Wie sieht ein Stimmgang aus? Ist das kompliziert?

Das ist relativ einfach. Etwas komplizierter und sehr aufwändig ist eher die Stimmauszählung. Die Stimmabgabe wird sein, jeder Kardinal wird den Stimmzettel ausfüllen und nach dem jeweiligen Rang zum Altar treten, wird den kleinen Eid schwören und dann den Wahlzettel, den er dabei in die Höhe hält, in die Urne geben. Nach diesem Vorgang beginnt die Auszählung der Stimmzettel, die etwas aufwändig betrieben wird.

… denn das wird von drei Kardinälen nacheinander überprüft. Was wird bei einem Stimmgang laut gesprochen? Was ist in der Sixtina zu hören? Überwiegend Latein, eigentlich?

Die Eidesformel ist: Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes willen gewählt werden sollte.

Der nächste Papst wird mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Wenn der Papst die Wahl angenommen hat, legt er sich im so genannten Raum der Tränen die päpstlichen Gewänder an. Welche? Wer hilft ihm dabei?

Wir haben drei verschiedene Gewänder, das hat sich eingebürgert seit mehreren Jahrzehnten, dass ein berühmter Papstschneider in Rom dem Konklave eine Garnitur liefert in drei verschiedenen Größen, wobei man immer hofft, dass eine davon dem Papst steht. Das führt manchmal zu sehr kuriosen Szenen, so zum Beispiel, dass man einem Papst eine Soutane anziehen musste, die man dann hinten öffnen musste und der Papst nur notdürftig bekleidet auf der Loggia des Petersdomes stand. Bei der Ankleide werden ihm die Leute helfen, die dafür vorgesehen sind. Bei einigen Konklaven stand auch der Papstschneider vor den Türen des Konklaves. Das machen aber auch Leute, die zum päpstlichen Haushalt gehören. Aiutante di camera, das ist der uns nun vertraute Kammerdiener des Papstes. Das hängt aber vom jeweiligen Konklave ab, da gibt es keine festen Vorschriften.

Das päpstliche Gewand ist einfach die weiße Soutane mit dem Schultermantel und die roten Schuhe, richtig?

Man könnte noch einige andere Accessoires nennen. … Die eigentliche päpstliche Farbe ist das Rot, das Rot der römischen Caesaren, das nach der konstantinischen Wende auf die Päpste übergegangen ist. Die Päpste trugen einen roten Mantel, den roten Kaisermantel, aus dem hat sich auch die rote Gewandung der Päpste herauskristallisiert, und der Papst trägt auch heute noch eine Mozetta (Schultermantel, Anm.) von roter Farbe. Auch die Farbe der Kardinäle kommt daher. Die Farbe der Kardinäle ist eigentlich die ursprüngliche Farbe der Päpste. Die Kardinäle haben ja seit dem Mittelalter den Papst in vielen Angelegenheiten vertreten, auch als Legaten. Um die Bedeutung der Legaten zu unterstreichen, nahmen sie Insignien und die farbliche Ausprägung der Gewandung an. Das Rot der Kardinäle kommt von der roten Gewandung der Päpste, die ihrerseits von der roten Gewandung der Kaiser kam. Heute sehen wir beim Papst die rote Gewandung weniger, nur in der Mozetta und in den roten Schuhen. Auch diese roten Schuhe rühren von der kaiserlichen Gewandung her.

Was hat es mit der Namenswahl der Päpste auf sich?

Die Namenswahl hängt mit einem ganz einfachen Umstand zusammen: Dass in der Vergangenheit vereinzelt Päpste gewählt wurden, die einen eindeutig heidnischen Namen trugen. Einer hieß Mercurius, und es schien nicht angebracht, ein Papstname zu sein. Seither hat sich die Tradition herausgebildet, dass die Päpste generell ihre Namen geändert haben. Wir haben nur zwei Ausnahmen, beide aus dem 16. Jahrhundert: der deutsch-niederländische Papst Hadrian und Papst Marcellus. Alle anderen nachfolgenden Päpste haben ihre Namen geändert.

Gibt es eine Liste akzeptabler Namen?

Nein, das liegt frei in der Wahl des Papstes. 1978 gab es eine Überraschung, weil Albino Luciani erstmals einen Doppelnamen wählte, eben Johannes Paul I. Da sind die Päpste frei, er könnte also auch seinen Taufnamen beibehalten.

Papstwähler sind die Kardinäle, und zwar praktisch seit dem Auftauchen des Kardinalamtes im 11. Jahrhundert. Gab es im eigentlich jemals Überlegungen, zB nach dem II. Vatikanischen Konzil, den Modus der Papstwahl auszuweiten, etwa auch Laien miteinzubeziehen? Gab es solche Überlegungen?

Sehr früh gab es das. Die ersten Papstwahlen waren nicht begrenzt auf den Klerus. Es gab bestimmte Änderungen, dass auch das Volk zustimmen musste, dass andere weltliche Einrichtungen ihre Möglichkeit hatten, ich denke in der Zeit vor dem Jahr 1000 hat der römische Adel sehr stark mitgemischt. Man muss immer bedenken, dass die Form der Wahl des Papstes nicht göttlichen Rechtes ist. Jeder Papst könnte festlegen, dass hier ein anderer Wahlmodus geschieht oder das Gremium, das wählt, ein anderes ist. Theoretisch wäre auch möglich, dass ein Papst seinen Nachfolger bestimmt. Das ist voll und ganz in die Autorität des Papstes gelegt.

(rv 11.03.2013 gs)








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