Deutschland: Debatte um gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften auf Eis
Die Diskussion über die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft
ist in der Union zunächst abgebrochen worden. Am Montag verkündete CDU-Generalsekretär
Hermann Gröhe, dass CDU und CSU an ihrem Parteitags-Beschluss vom Dezember festhalten
wolle: „die steuerliche Privilegierung der vom Grundgesetz geschützten Ehe und Familie“.
Ob diese Entscheidung einstimmig gefällt wurde, konnte Gröhe auf Nachfrage der Presse
nicht beantworten. Offiziell begründet die CDU ihre Entscheidung mit der Aussicht
auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts. Eines ist aber sicher: Die Debatte
spaltet die Union. Beim Parteitag wurde der Antrag auf Gleichstellung zwar abgelehnt,
aber es gab überraschenderweise eine „beachtliche Minderheit“, wie es der Versammlungsleiter
formulierte. Die Kanzlerin wollte in der Präsidiumssitzung ein Machtwort sprechen
und tat es auch: Die CDU hält am traditionellen Familienbild fest. Doch beendet diese
Entscheidung den Streit in der Union? CSU-Politiker Thomas Goppel glaubt das nicht.
Im Gespräch mit dem Kölner Domradio sagte er:
„Den Streit wird es nicht
beenden, weil wir in eine offizielle Diskussion gedrängt wurden, natürlich auch durch
das Verfassungsgericht. Das Adoptionsrecht von einem Paar gleichgeschlechtlicher Art,
das dem zweiten Partner das Recht gibt, die Adoption bei sich nachzuvollziehen, ist
noch nicht die volle Entscheidung, die man sich auf der anderen Seite erwartet. Noch
mal: Ich habe nichts dagegen, dass jeder sein Leben gestalten kann, wie er will. Aber
ich habe was dagegen, dass der Staat in seiner grundlegenden Festlegung über das Zusammenleben
von Mann, Frau und Kindern Grundsätze anwendet, die dem Normalfall nicht entsprechen.“
Der
Bundesvorsitzende des Vereins „Lesben und Schwule in der Union“ , Alexander Vogt,
merkte im Gespräch mit der Deutschen Welle dazu an, dass sich die Union gar nicht
im Klaren darüber sei, welche katastrophale Botschaft sie aussende. Er fühle sich
in seiner eigenen Partei immer noch als „Bürger zweiter Klasse“. Vogt warnt davor,
potentielle Wähler abzuschrecken. Auch Julia Klöckner sieht Handlungsbedarf. Die stellvertretende
Bundesvorsitzende ist der Meinung: „Wir werden um eine steuerliche Gleichstellung
nicht herum kommen.“ Mit Blick auf das Attribut „Volkspartei“ appelliert Wolfgang
Schäuble an die CDU, gesellschaftliche Veränderungen wahrzunehmen. Als Kompromiss
wird nun das Real-Splitting in die Debatte geworfen. Damit sollen Partnerschaften
mit Kindern steuerlich privilegiert werden. Bis dahin wird auf das Urteil aus Karlsruhe
gewartet. Dann kann die Diskussion weitergehen. Wo sie hinführt, weiß auch Thomas
Goppel nicht.
„Ich weiß nicht, wie die Diskussion weitergeht. Wenn das
Verfassungsgericht eine Entscheidung trifft, die darüber hinausgeht, dann ist auch
der Ministerpräsident in Bayern festgelegt. Ob uns das gefällt oder nicht, ist eine
ganz andere Geschichte. Die Zeiten verändern sich, das ist klar. Aber Politik hat
auch den Auftrag, festzuhalten und Grundsätze zu wahren, und nicht nur, darauf zu
achten, dass alle Tendenzen in der Gesellschaft jeweils im vorauseilenden Gehorsam
schon hergestellt sind, bevor sie überhaupt eine Mehrheit haben. Ich bin nicht der
Meinung, dass Politik dazu da ist, das zu erledigen, was manche gerne haben möchten,
sondern es muss ein Rechtsstaat bleiben.“