Aktenzeichen: Mechthild von Hackeborn – im Jahr des Glaubens
In der Reihe der
Frauen aus dem Kloster von Helfta wollen wir Ihnen heute die Hl. Mechthild von Hackeborn
vorstellen. Dabei beginnen wir mit Papst Benedikt XVI. – der in einer Generalaudienz
diese große deutsche Frauengestalt des Mittelalters mit folgenden Worten beschrieb:
Liebe
Brüder und Schwestern! Mechthild gehört zu den vier großen Mystikerinnen, die das
Kloster Helfta in Mitteldeutschland berühmt gemacht haben: Es handelt sich um Gertrud
und Mechthild von Hackeborn, Gertrud von Helfta und Mechthild von Magdeburg. Das Zisterzienserinnenkloster
zu Helfta wurde etwa 40 Jahre lang von Mechthilds Schwester Gertrud geleitet, die
es verstand, der Gemeinschaft eine außergewöhnliche geistliche und kulturelle Prägung
zu vermitteln. In dieser Umgebung erwarb ihre jüngere Schwester Mechthild, die schon
als Siebenjährige 1248 dem Kloster zur Erziehung anvertraut worden war, eine hohe
liturgische und theologische Bildung, die sie dann mit großem Eifer an ihre Mitschwestern
weitergab. Mechthilds reiche mystische Erfahrungen, von denen sie nur mündlich erzählt
hat, wurden von Gertrud von Helfta, ihrer Biographin, aufgezeichnet. Die monastische
Liturgie und die Heilige Schrift waren die Quellen ihres geistlichen Lebens. In ihren
Visionen ist es immer wieder Christus selbst, der durch das Evangelium zu ihr spricht
und sie die Größe seiner Liebe zu den Menschen ahnen lässt. Dies ist ihr besonders
deutlich geworden in dem Jesuswort: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe ich euch
geliebt“ (Joh 15,9). Mechthild nimmt die Worte des Stundengebets und der Heiligen
Messe als eine Art Nahrung in die tägliche Arbeit mit. So ist für sie Himmel und Erde
miteinander verbunden und gegenseitig offen aufeinander. In der ständigen Verbundenheit
mit Gott ist ihr die konkrete Welt immer gegenwärtig: die Kirche, die Wohltäter, die
Sünder. Ihre Biographin berichtet, dass sie im Alter den Herrn gebeten hat, für die
Rettung der Seelen noch einige Zeit auf dieser Welt leiden zu dürfen. Jesus erfüllte
diesen Wunsch; und noch acht Jahre lang lebte sie mit Gebrechen und Krankheiten, ehe
sie 1298 zur Vollendung gelangte".
Mit Mechthild von Hackeborn werden wir
in die Familie des Baron von Hackeborn eingeführt, einer der vornehmsten, reichsten
und mächtigsten Familien in Thüringen, verwandt mit Kaiser Friedrich II., und treten
gleichzeitig in das Kloster von Helfta in der herrlichsten Epoche seiner Geschichte
ein.
Mechthild wurde im Jahre 1241 oder 1242 als dritte Tochter des Barons
im Schloss von Helfta geboren. Mit sieben Jahren besuchte sie zusammen mit ihrer Mutter
ihre Schwester Gertrud im Kloster von Rodersdorf. Sie war so von der Atmosphäre fasziniert,
dass sie dringlichst wünschte, Teil davon zu werden. Also trat sie als Schülerin ein
und wurde im Jahr 1258 Schwester in dem Konvent, Sie zeichnete sich durch Demut, ihren
Eifer, ihre Liebenswürdigkeit, Aufrichtigkeit und Unschuld des Lebens aus. Sie war
mit hohen natürlichen und geistlichen Talenten beschenkt worden. So wurde die „Nachtigall
Gottes", wie sie bald genannt wurde, noch in jungem Alter zur Leiterin der Klosterschule,
Direktorin des Chores und Novizenmeisterin, Dienste, die sie mit Talent und unstillbarem
Eifer ausführte.
Mit der Gabe der mystischen Schau beschenkt, schrieb Mechthild
eine Vielzahl von Gebeten. Sie war Meisterin der treuen Glaubens und von großer Demut,
Ratgeberin, Trösterin und Leiterin in Berufungsfragen: „Sie teilte die Lehre", so
liest man, „ in einer Fülle aus, wie man es noch nie zuvor im Kloster gesehen hatte,
und wir haben, o je, große Angst davor, dass wir nie mehr etwas Ähnliches sehen werden.
Die Schwestern versammelten sich um sie wie um einen Prediger, um das Wort Gottes
zu hören. Sie war Zuflucht und Trösterin für alle und hatte durch ein einzigartiges
Geschenk Gottes die Gnade, jedem frei die Geheimnisse des Herzens zu offenbaren. Viele
Menschen, nicht nur im Kloster, sondern auch Fremde, Ordensleute und Laien, kamen
von weit her und bezeugten, dass diese heilige Jungfrau sie von ihren Sorgen befreit
habe und sie noch nie einen solchen Trost erhalten hatten wie von ihr. Sie verfasste
und lehrte so viele Gebete, dass sie zusammengenommen einem Psalter gleichkämen.“
In
ihrem langen Leben, das sie im Kloster verbrachte, wurde Mechthild von anhaltenden
und starken Leiden geplagt, zu denen sie noch die härtesten Bußwerke für die Bekehrung
der Sünder wählte. Das Gebet und die Kontemplation sind der lebenswichtige Humus ihrer
Existenz: Ihre Offenbarungen, ihre Lehren und ihr Dienst am Nächsten. Wenn man sich
das monastische Leben mit seinen Erfordernissen an eine Leiterin und Chordirektorin
vorstellt, dann versteht man, wie ihre einzigartige Fähigkeit als Lehrerin und Erzieherin,
ihren Mitschwestern dabei hilft, von der Liturgie her intensiv jeden Moment des klösterlichen
Lebens zu leben.
Als liturgisches Gebet hebt Mechthild das Hochgebet während
der Feier der Heiligen Messe hervor, vor allem die heilige Kommunion. Während dieser
geriet sie in ihrer inniglichen Nähe zum Herrn und dessen liebenden, zärtlichen Herzen
oft in Ekstase, in einen wunderbaren Dialog, in dem sie um innere Erleuchtung bat
und auf spezielle Weise für ihre Mitschwestern und ihre Gemeinschaft betete. Im Mittelpunkt
standen für sie immer die Geheimnisse Christi, zu denen die Jungfrau Maria sie ständig
auf dem Weg der Heiligkeit hinwies: Ihre Visionen, ihre Lehren und existentielle Ereignisse
in ihrem Leben sind mit Ausdrücken der liturgischen und biblischen Sprache beschrieben.
So überrascht sie mit ihrer profunden Kenntnis der Heiligen Schrift, die ihr tägliches
Brot war. Sie kam ständig auf sie zurück, sowohl in der Wertschätzung der biblischen
Texte in der Liturgie, als auch durch das Ausschöpfen von Symbolen, Worten, Begriffen,
Bildern und Persönlichkeiten.
Ihre Vorliebe für das Evangelium wurde so beschrieben:
„Die Worte des Evangelium waren für sie wunderbare Speise und lösten in ihrem Herzen
Gefühle von solcher Zärtlichkeit aus, dass sie vor lauter Freude die Lesung nicht
beenden konnte...Die Art, diese Worte zu lesen, waren von solchem Eifer, dass in allem
ihre Zuneigung ausgedrückt wurde. So war sie, auch wenn sie im Chor sang, ganz von
Gott eingenommen, von solcher Liebe getragen, dass ihre Gefühle sich in Gesten ausdrückten.
Ein
anderes Mal fiel sie in solche Ekstase, dass sie nicht hörte, wie man sie rief oder
sie bewegte und nur langsam kam sie wieder zu sich und nahm Dinge um sich herum wahr."
In
einer ihrer Visionen war es schließlich Jesus selber, der ihr das Evangelium empfahl.
Während der die Schmerzen seines heiligsten Herzens beschrieb, sagte er einmal: „Stell
dir vor, wie groß meine Liebe ist: Wenn du sie gut erkennen willst, dann wirst du
nirgendwo einen besseren Ausdruck dafür finden als im Evangelium. Keiner hat jemals
stärkere und zärtlichere Gefühle als diese gehabt: Wie mich der Vater geliebt hat,
so liebe ich euch.“.
Die Schülerin Gertrud beschrieb mit eindringlichen Worten
die letzten Momente des Lebens der hl. Mechthild von Hackeborn, sehr schwere Momente,
aber durch die Präsenz der Heiligsten Dreifaltigkeit erhellt, des Herrn, der Jungfrau
Maria und aller Heiligen sowie auch ihrer leiblichen Schwester Gertrud. Als die Stunde
kam, in der der Herr sie zu sich nehmen wollte, bat sie ihn, um der Erlösung der Seelen
willen noch weiter leiden zu dürfen, und Christus war mit diesem letzten Zeichen ihrer
Liebe zufrieden.
Mechthild wurde 58 Jahre alt. Die letzten acht Jahre ihres
Lebens waren von einer schweren Krankheit gezeichnet. Ihr Werk und ihr Ruhm der Heiligkeit
haben sich weit ausgebreitet. In ihrer letzten Stunde sagte sie: „Herr der Herren...einzige
Süße der dich liebenden Seele...singen wir: Venite vos benedicti Patris mei...Kommt,
Ihr Geweihten meines Vaters, kommt und nehmt das Reich in Empfang...und sie wurde
Teil seiner Herrlichkeit" .