Mindestens dreißig
Tote, über hundert Verletzte: Im Irak sprechen wieder die Autobomben. Diesmal waren
es nach Polizeiangaben nicht weniger als 13, die in sechs verschiedenen Stadtvierteln
der Hauptstadt Bagdad explodierten – das alles im Lauf von 48 Stunden. Shlemon Warduni
ist Weihbischof von Bagdad und vermutet einen Machtkampf von Sunniten und Schiiten
hinter der neuen Anschlagwelle. Er sagte im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Es
ist eine sehr schmerzliche, furchtbare Situation: Mit der Sicherheit ist es bei uns
vorbei. Hier geht es um persönliche und um Parteiinteressen, auch um religiöse und
konfessionelle. Wenn der Herr sie doch erleuchten würde, dass sie sich für das Wohl
des Iraks einsetzten und die Ruhe des irakischen Volkes!“
Immerhin,
Christen seien keine besondere Zielscheibe bei der Gewalt. Es gibt ja auch nicht mehr
viele Christen im Irak, wenn man vom kurdischen Norden absieht.
„Spezielle
Aktionen gegen die Christen sehe ich nicht, aber natürlich beeinflusst die Gewalt
das Lebensgefühl im Land. Und so kommt natürlich auch das Phänomen der Emigration
nicht zum Abschluss, sondern geht weiter. Die Menschen fragen sich angesichts dieser
furchtbaren Lage: Wer kann denn hier noch unser Leben garantieren? Und die Sicherheit
unserer Familie?“
Nicht nur Christen emigrieren, sondern auch viele
Muslime. Doch der Anteil der Christen unter denen, die gehen, ist besonders hoch -
und für das Christentum im Irak besonders bedrohlich: Eine jahrtausendealte Ortskirche
am Euphrat steht deswegen vor dem Aus. Doch natürlich bringen die Bomben auch Premierminister
Nuri al-Maliki in Schwierigkeiten – gegen den nach Gutdünken waltenden Regierungschef
ist schon seit Monaten ein Arabischer Frühling im Miniatur-Format im Gang.
„Natürlich
ist die Regierung in Bedrängnis, denn das alles beschädigt natürlich ihre Stabilität
und ihre Arbeit. Diese Gewalt wird so schnell nicht aufhören! Alle wollen nur für
ihr eigenes Wohl arbeiten, statt einen Geist des Opfers und der Selbstlosigkeit zu
entwickeln. Das ist Egoismus!“
„Wir sind in der Fastenzeit“, fährt
Bischof Warduni fort. Genaugenommen dauert diese Fastenzeit schon seit genau zehn
Jahren: Seit Saddam Hussein stürzte, der nicht nur Diktator, sondern auch Schützer
der Minderheiten war. Damals begann der Aderlass von Christen, ihre Flucht in andere
Landesteile oder in Nachbarländer.
„Wir beten für den Frieden, mehr
können wir gar nicht tun. Unsere Gläubigen leiden; unsere Bürger leiden; unsere Kinder
leiden; unsere Alten, Kranken und jungen Leute leiden. Wir flehen zum Herrn um Frieden,
und wir Priester sagen unseren Gläubigen speziell jetzt in der Fastenzeit: Betet,
und macht weiter, mit Gottvertrauen!“