Reaktionen aus der Weltkirche: „Unauslöschliche Spur“
Der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., würdigte Benedikt
XVI. als großen Theologen: „Der Papst hinterlässt eine unauslöschliche Spur im Leben
und in der katholischen Kirche, die er nicht nur mit seiner kurzen Amtszeit, sondern
auch dank seines äußerst großen Beitrages als Theologe und als höchster Priester der
Kirche besiegelt hat.“ Über die Schriften dieses Papstes werde man „noch lange sprechen“,
so Bartholomaios. Sie zeugten von seiner profunden Kenntnis der Kirchenväter, von
seinem Kontakt mit der modernen Welt und von seinem regen Interesse an den Problemen
des Menschen. Die orthodoxe Kirche werde Benedikt XVI. „als lieben und treuen Freund
unserer Kirche und Treuer Diener des heiligen Ideals der Einheit aller“ in Erinnerung
behalten, so der ökumenische Patriarch von Konstantinopel.
Die russisch-orthodoxe
Kirche hofft, dass sich unter einem neuen römischen Papst die guten Beziehungen
zur katholischen Kirche fortsetzen. „Es gibt keinen Grund zu erwarten, dass es zu
einer wesentlichen Veränderung in der Politik des Vatikan gegenüber der orthodoxen
Kirche kommt“, sagte der für den Dialog mit den Katholiken zuständige Sekretär des
russisch-orthodoxen Außenamtes, Erzpriester Dmitri Sizonenko, laut Moskauer Medienberichten.
Im Verhältnis beider Kirchen gebe es eine positive Dynamik. Noch am Sonntag hatte
das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., lobende Worte für
Papst Benedikt XVI. gefunden. In der „schwierigen Lage“, in der sich das westliche
Christentum heute befinde, verteidige der Papst „mutig“ die Positionen und moralischen
Werte seiner Kirche, sagte Kyrill I.
Der designierte anglikanische Erzbischof
von Canterbury sprach in einer ersten Reaktion von „Traurigkeit, aber völligem Verständnis“.
Benedikt habe seine „Rolle mit großer Würde, Verständnis und Mut ausgefüllt“, so der
künftige Primas der anglikanischen Weltgemeinschaft Justin Welby in London.
Der
Weltkirchenrat dankt dem scheidenden Papst für dessen „Hingabe für die Kirche
und die ökumenische Bewegung“. „Ich habe mit tiefem Respekt gesehen, wie er die Verantwortung
und die Bürde seines Amtes in seinem vorangeschrittenen Alter und in einer sehr fordernden
Zeit für die Kirche getragen hat“, erklärte ÖRK-Generalsekretär und lutherische Geistliche
Olav Fykse Tveit am Montag in Genf. Er rief Christen aller Konfessionen auf, für die
römisch-katholische Kirche „in dieser sehr wichtigen Zeit des Übergangs“ zu beten.
Der aschkenasische Oberrabbiner von Israel, Yona Metzger, betont, dass
Benedikt XVI. Entscheidendes für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Christentum
und Judentum getan habe. Dadurch habe er „zu einem Rückgang antisemitischer Akte in
der Welt beigetragen“, so der Oberrabbiner in Jerusalem.
Für den früheren
Prager Kardinal Miloslav Vlk (80) kommt der angekündigte Rückzug des Papstes
„nicht völlig überraschend“. Dem tschechischen Fernsehsender CT24 sagte Vlk er habe
Benedikt in der jüngsten Vergangenheit dreimal getroffen. Dabei habe Benedikt einen
erschöpften Eindruck gemacht. „Dem Papst ging es sichtbar gesundheitlich nicht gut;
er konnte sich nur schlecht bewegen. Alles in allem wirkte er sehr geschwächt und
gealtert“, so Vlk. Er würdigte Benedikt als außerordentliche Persönlichkeit.
US-Kardinal
Timothy Dolan erklärte, er sei betroffen und perplex. Ein Konklave sei aus
seiner Sicht gut beraten, nach den Qualitäten Ausschau zu halten, die auch Benedikt
XVI. besessen habe, nämlich Weltwissen, theologische Tiefe, persönliche Frömmigkeit
und Sprachentalent. Das sagte der New Yorker Erzbischof und Vorsitzende der US-Bischofskonferenz
in einem Fernsehinterview.
Der italienische Kardinal Angelo Bagnasco
würdigte „das Beispiel tiefer innerer Freiheit“, das der Papst gebe. Bagnasco hat
an dem Kardinalstreffen an diesem Montag teilgenommen und dort vom Papst selbst die
Rücktritts-Absicht erfahren. Benedikt habe sich in seiner Amtszeit durch seine „ruhige
und demütige Führung des Schiffleins Petri“ ausgezeichnet, so der Vorsitzende der
Italienischen Bischofskonferenz.
Die koptisch-orthodoxe Kirche in Ägypten
würdigt „die große Ehrlichkeit des Papstes“. Das sagte ihr Sprecher Bischof Angelos
der Nachrichtenagentur ansa. Der Großimam der sunnitischen al-Azhar-Moschee in Kairo
ließ wissen, er sei „aufgerührt“, die Nachricht aus Rom sei „keine gute Nachricht“.
Der frühere Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls nannte den Rückzug
des Papstes „eine sehr mutige und sehr spirituelle Entscheidung“. Benedikt weiche
keineswegs wegen der Bürde von Skandalen, sondern erst nachdem er „alle Skandale gelöst“
habe, so der Spanier unter Verweis „auf Missbrauchsskandale und Vatileaks“.
Mit
„Überraschung und Traurigkeit“ reagierten Bischöfe in Australien, Neuseeland, Indien
und auf den Philippinen auf den Rücktritt von Papst Benedikt XVI. reagiert. Der Vorsitzende
der Australischen Bischofskonferenz, Erzbischof Denis Hart, würdigte den scheidenden
Papst am Dienstag als einen „herausragenden Theologen und Lehrer“. Der Vorsitzende
der Neuseeländischen Bischofskonferenz, Erzbischof John Dew, äußerte Verständnis
für die in „Demut und nach Gebeten und Reflexion“ getroffene Entscheidung des Papstes.
Die neuseeländischen Bischöfe würden weiterhin für ihn beten, so Dew. Manilas Kardinal
Luis Antonio Tagle sprach von der „großen Trauer“ der Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe
über den Rücktritt des Papstes. „Wir fühlen uns wie Kinder, die sich an den Vater
klammern, der sich von ihnen verabschiedet“, sagte er. Zugleich äußerte Tagle jedoch
auch „Bewunderung über die Demut, Ehrlichkeit, den Mut und die Ernsthaftigkeit des
Heiligen Vaters“. Der Vorsitzende der Indischen Bischofskonferenz, Kardinal
Oswald Gracias, würdigte Benedikt XVI. als „brillanten Theologen“ und „großen spirituellen
Führer in unserer modernen Zeit“, der „ohne Angst und mit Mut in Fragen des Glaubens
und der Moral die Wahrheit ausgesprochen hat“.