Nach dem jüngsten Gerichtsurteil zur Ausschaffungsinitiative „lässt sich ein absolutes
Minarettverbot nicht halten“. Das sagte Markus Schefer, Ordinarius für Staats- und
Verwaltungsrecht an der Universität Basel, der Neuen Zürcher Zeitung am Samstag. In
dem Urteil kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative
„heikle verfassungs- und völkerrechtliche Probleme“ verursache. Jeder Einzelfall wird
weiterhin geprüft und eine Ausschaffung kann auch abgelehnt werden. Nach dem Willen
der Volksinitiative, die 2010 angenommen wurde, sollen Ausländer bei gewissen Delikten
automatisch ausgewiesen werden. Laut Bundesgericht kollidiert ein solcher Automatismus
mit anderen Verfassungsbestimmungen, wie zum Beispiel mit der europäischen Menschenrechtskonvention
und den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz. Aus dem Urteil resultiert,
dass das Völkerrecht einen Vorrang vor der Bundesverfassung hat. Darum sei das Urteil
für das Minarettverbot „von erheblicher Bedeutung“, sagte Schefer. Dies heisse nicht,
dass Minarette nun gebaut werden dürfen, aber, dass bei Baugesuchen für Minarette
immer der Einzelfall geprüft werde. Das Gericht könne sich nun vorbehalten, in Einzelfällen
das Minarettverbot gegenüber der Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie anderen Rechtsnormen
abzuwägen. Die Initiative „Gegen den Bau von Minaretten“ wurde im November 2009 in
einer Volksabstimmung angenommen.