Er hat die letzten Monate im Bischofshaus ohne Heizung gelebt. „Das war hart“, sagt
Antoine Audo. „Aber überlegen Sie sich nur, was das für die Familien in Aleppo bedeutet.
Kein Strom, keine Heizung, nichts zu essen.“ Der Jesuit ist chaldäisch-katholischer
Bischof der syrischen Stadt Aleppo – dort, wo eine Frontlinie in diesem unübersichtlichen
Syrien-Krieg verläuft. Zu Besuch in Rom sagt er uns:
„Wir haben in Aleppo
die Sicherheit in der Stadt eingebüßt – und damit alles verloren. Jeder ist jetzt
in der Stadt arm geworden, Aleppo ist gar nicht mehr wiederzuerkennen. Es war mal
eine sehr schöne, gut organisierte und zivilisierte Stadt. Als Caritas-Vorsitzender
versuche ich, all diesen verarmten Familien zu helfen, den Kindern vor allem, damit
sie weiter zur Schule gehen können und etwas zum Anziehen haben. Wir haben viel zu
tun.“
Schon die ganzen letzten Jahre hat sich Bischof Audo um Flüchtlinge
und Menschen, die alles verloren haben, gekümmert – aber damals waren das Iraker (darunter
viele Christen), die aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Jetzt passiert den
Christen in Syrien dasselbe wie ihren Brüdern aus dem Irak, sagt Audo.
„Man
muss voranschicken: Christen geht es wie allen anderen. Der Unterschied ist höchstens,
dass wir eine Minderheit sind und dass wir als Minderheit stärker leiden als andere.
Wir hatten bisher immer großen Wert auf gute Schulen gelegt und auf ein solides Familienleben;
darauf, gut zu essen, und dass immer alles sauber ist. Das alles gibt es jetzt nicht
mehr. Viele von uns gehen, sie emigrieren ins Ausland – das ist für uns als Bischöfe
in Syrien etwas sehr Trauriges.“
„Wir sind für Syrien, wir sind für Reformen“,
sagt Bischof Audo, „aber wir haben Angst davor, dass bei uns Islamisten an Macht gewinnen
wie in Ägypten, Tunesien und Libyen.“ Er hofft weiter auf Dialog, auf freie Wahlen
und Pluralismus, irgendwann einmal, vor allem aber „auf eine Erziehung dazu, den Anderen
zu akzeptieren“. Eine Rücktrittsforderung an Präsident Assad kommt ihm nicht über
die Lippen.