Die Liturgie ist für
den Gottesdienst unerlässlich, in Messbüchern stehen Vorgaben, wie diese auszusehen
hat, doch nicht immer besteht Einigkeit darüber, was das im Detail heißen soll. Gläubige
und Priester sind davon gleichermaßen betroffen. Insbesondere im Nachklang des II.
Vatikanums und der damit eingeleiteten Liturgiereform kommt es oft zu einem Knirschen
im Getriebe, Stimmen werden laut, die eine „Reform der Reform“ oder eine „neue liturgische
Bewegung“ fordern – unter ihnen übrigens auch Papst Benedikt selbst.
Grund
genug für die römische Görresgesellschaft, im Campo Santo Teutonico im Vatikan eine
hochkarätig besetzte Tagung zu organisieren. Ihr Thema war: „Operation am lebenden
Objekt – Roms Liturgiereformen von Trient bis zum II. Vaticanum“. Peter Hofmann, einer
der Redner auf der Tagung, ist Priester und Professor für Fundamentaltheologie an
der Universität Augsburg. Wir haben ihn gefragt, was er von den Liturgiereformen in
Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils hält.
„Ich denke, es gab Reformbedarf,
um Klarheit für die gesamte liturgische Handlung zu schaffen, das heißt konkret: Es
reicht nicht, dass ich Handlungsanweisungen habe, wie ich es korrekt durchziehen kann,
sondern ich muss wissen, was ich da mache. Ich muss ein Gesamtbild vor Augen habe,
wenn ich die einzelnen Puzzlestücke nebeneinander anordne. Dieses Gesamtbild hat das
Konzil versucht freizulegen. An dieser Stelle gibt es eine schöne Darstellung von
dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger, der sagte: ,Das tauchte plötzlich vor unseren
Augen auf, wie ein gut erhaltenes Fresko mit leuchtenden Farben, aber an der scharfen
Luft zerfielen die Farben und bröckelte das Fresko auf einmal wieder weg.‘ Das heißt,
da gab es eine Vision, und ob wir diese Vision, die die Konzilsväter hatten, mit den
Reformen auch eingeholt haben, das ist die Frage. Ich denke, man spricht überall davon
– wir bewerten einmal, was gelaufen ist, und das sollten wir auch hier immer wieder
tun.“
Helmut Hoping, ebenfalls Redner auf der Tagung und Professor für
Dogmatik und Liturgiewissenschaft in Freiburg, weist darauf hin, dass sich im Nachklang
des II. Vatikanums auch Vertreter von Positionen, die teilweise nicht auf den ersten
Blick vereinbar schienen, auf einmal auf der gleichen Seite des Flusses wieder gefunden
hätten:
„In der Rezeption des II. Vatikanums, insbesondere der Liturgiekonstitution,
ist ja in letzter Zeit häufiger gesagt worden, dass sich Gegensätze hier berühren
in der Interpretation des Konzils. Und was man feststellt ist, dass die These, dass
die Liturgiereform des Konzils etwas Singuläres gewesen ist in der Geschichte, dass
das sowohl von traditionalistischer Seite als auch streng liberaler oder ,progressistischer‘
Seite vertreten wird. Da wird also gesagt, dass wir es hier mit einer singulären Reform
zu tun haben, deren Potential noch gar nicht ausgeschöpft ist, so dass wir im Sinne
einer ,liturgia semper reformanda‘, also einer Liturgie, die sich nicht nur immer
weiter entwickelt, sondern die immer wieder reformiert werden muss, dass sich hier
die Gegensätze berühren. Und das macht auch die Schärfe der ganzen Auseinandersetzung
aus.“
Mehr zum Thema Liturgiereform erfahren Sie an den kommenden beiden
Dienstagen in unserer Radioakademie.