2013-02-05 12:51:59

Alois Glück: „Politik allein rettet noch nicht die Familie“


„Der 200-Milliarden-Irrtum“: Unter dieser Überschrift reitet das Wochenmagazin „Der Spiegel“ diese Woche einen Großangriff auf die deutsche Familienpolitik. „Kaum ein Land Europas gibt so viel für Familien aus wie Deutschland, doch die Geburtenzahl sinkt“, schreibt das Magazin. Und es urteilt unter Berufung auf eine noch unveröffentlichte Basler Studie Schweizer Forscher: „Der Großteil des Geldes wird verschwendet.“ Stimmt das?, fragte das Kölner Domradio den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück.

„Ich bezweifle, dass man solche Feststellung so pauschal treffen kann, wie es die Gutachter tun. Natürlich sollten alle Maßnahmen - auch sozial- und familienpolitische - immer wieder auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Und die erste Frage muss lauten: An was messen wir denn Wirksamkeit für Familien? Ist es die Zahl der Kinder? Ist es die Zahl der berufstätigen Frauen? Soll Familienpolitik nur funktional verstanden werden? Das alles ist damit überhaupt nicht gewertet. Und deswegen sollte eine solche Untersuchung vor allem Anlass sein, über diese Themen zu reden und zu fragen, ob die rein ökonomische Betrachtungsweise - die Frage, wie viele Kinder bei wie viel Geld zur Welt kommen - der richtige Maßstab ist.“

Kindergeld? Das helfe armen Familien kaum, sagt die Studie, weil es bei ihnen mit anderen Sozialleistungen verrechnet werde. Dennoch sei es aber für viele Familien „sehr wichtig“, hält Glück dagegen. Betreuungsgeld? Wirkungslos, sagt die Studie. Nein, es schafft „tatsächliche Wahlfreiheit“ für Eltern, sagt Glück im Gespräch mit dem Kölner Domradio. Der Ausbau von Kitas und das Investieren in Betreuungseinrichtungen, wie das der „Spiegel“ und die Opposition in Deutschland vorschlagen? Diese Maßnahmen würden die Zahl der Kinder wohl auch nicht „entscheidend verändern“, glaubt Glück.
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„Und wieder wird hier Familie nur funktional mit Blick auf Arbeitskräfte gesehen. Wir haben ein ganz anderes grundlegendes Problem: die gesellschaftliche Bedeutung von Kindern und Familien, der Stellenwert. Kürzlich erst hat eine europäische Studie die Selbsteinschätzung der Menschen auf ihre Kinderfreundlichkeit der Gesellschaften untersucht. Die Deutschen haben ehrlicherweise festgestellt, wir sind keine kinderfreundliche Gesellschaft. An der Spitze dieser Umfrage liegt Dänemark mit 90 Prozent, Frankreich folgt an fünfter Stelle mit 40, in Deutschland sagen nur 15 Prozent, wir sind eine kinderfreundliche Gesellschaft. Wenn wir Familien - Kinder und alte Menschen - nicht grundsätzlich anders verorten und das gesamte gesellschaftliche Leben nicht anders darauf einstellen, werden weder zusätzliche finanzielle Leistungen noch ein Umsteuern auf Kinderbetreuungseinrichtungen die Frage der Kinder in Deutschland wesentlich verändern. Diese Debatte müssen wir führen!“

(domradio/rv/der spiegel 05.02.2013 sk)









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