Der Kölner Kardinal
Joachim Meisner lehnt nicht mehr grundsätzlich alle Formen der „Pille danach“ im Falle
einer Vergewaltigung ab. In dieser Situation sei nichts gegen Präparate einzuwenden,
die eine Befruchtung verhindern, erklärte der Erzbischof am Donnerstag in Köln. Allerdings
seien nach wie vor jene Pillen ethisch nicht zu vertreten, die eine bereits befruchtete
Eizelle an der Einnistung in der Gebärmutter hindern und dieser die Lebensgrundlage
entziehen, unterschied der Kardinal: Einer befruchteten Eizelle komme der Schutz der
Menschenwürde zu.
Der Psychiater und Theologe Manfred Lütz ist Mitglied
der Päpstlichen Akademie für das Leben. Im Interview mit dem Domradio bewertet er
die differenzierte Entscheidung des Kölner Kardinals Meisner zum Einsatz der „Pille
danach“ als „mutig“:
„Ich finde es schon beeindruckend und durchaus
nicht untypisch für den Kardinal, dass er, wenn er erkannt hat, dass eine bestimmte
Situation das Handeln des Bischofs nötig macht, auch schnell und entschieden handelt.
Und ich finde das auch durchaus mutig, denn es ist sicherlich auch eine Änderung der
Haltung der Kirche, die er damit artikuliert.“
Nach dem Fall
der abgewiesenen vermutlich vergewaltigten Frau durch zwei katholische Kliniken in
Köln hatte Meisner zunächst betont, dass die „Pille danach“ auch im Fall einer Abtreibung
abzulehnen sei. Nun verweist er auf Beratungen mit Fachleuten, in denen deutlich geworden
sei, dass unter „Pille danach“ unterschiedliche Präparate mit verschiedenen Wirkprinzipien
verstanden werden. Was wird sich aber nun in der Praxis ändern, etwa, wenn eine vergewaltigte
Frau in eine katholische Klinik kommt und verhindern möchte, das aus dem Trauma ein
Kind entsteht? Dazu Lütz:
„Es wird sich sehr viel ändern. Ich glaube,
dass an katholischen Einrichtungen, an katholischen Krankenhäusern, grundsätzlich
eine solche Pille gegeben werden kann, wenn das nach den Prinzipien und nach der Einschätzung
des Arztes ein empfängnisverhütendes und kein nidationshemmendes Präparat ist. Man
muss übrigens auch darauf hinweisen, es könnte theoretisch denkbar sein, dass ein
katholischer Arzt an einer katholischen Einrichtung, der die Dinge für sich persönlich
strenger sieht, sagt: ‚Ich finde, die nidationshemmende Wirkung ist doch ein Wirkprinzip
des Präparats, und deswegen gebe ich persönlich das nicht.‘“
Auch dieser
Arzt würde von der Erklärung des Kardinals gedeckt, so Lütz.