Der Tiroler Altbischof
Reinhold Stecher ist tot. Er starb am Dienstagabend in einer Innsbrucker Klinik. Der
91-Jährige lag seit der Nacht davor auf der Intensivstation. Wegen seines bereits
kritischen Zustands hatte sich Diözesanbischof Manfred Scheuer am Krankenbett seines
Vorgängers eingefunden. Er verbrachte auch die letzte Stunde Stechers an dessen Seite,
wie die Diözese Innsbruck mitteilte.
Reinhold Stecher war von 1980 bis 1997
nach Bischof Paulus Rusch der zweite Bischof der Diözese Innsbruck, doch er war nicht
nur als Bischof bekannt: Bis zuletzt war Stecher auch als Maler und Autor aktiv; zudem
half er in der Seelsorge aus, machte Krankenbesuche, hielt Vorträge und Exerzitien.
So äußerte sich Stecher beispielsweise im Jahr 2003 auf der Kirchenmesse Gloria in
einem Vortrag zum Thema „Worte und Werte“. Hier ein Ausschnitt dieses Vortrages aus
unserem Archiv:
„Worte sind billig. Sie kosten nichts. Ich kann hundertmal
sagen: ‚Hilfsbereitschaft ist großartig, Frömmigkeit ist wichtig; Sport ist gesund.’
Deshalb wird weder die Hilfsbereitschaft, noch die Frömmigkeit, noch der Sport ein
Wert. Werte haben immer ein Preisschild, um es soziologisch nüchtern zu sagen: Wert
ist etwas, wofür man bereit ist, Mühe, Zeit, Geld aufzuwenden und anderes dafür zurückzustellen.“
Kardinal
Christoph Schönborn würdigte Stecher als Menschen, der „durch seine Person, seine
Texte und seine Bilder vielen Menschen die Freude am Glauben und einen Zugang zum
Evangelium eröffnete“. Viele habe seine Geradlinigkeit und seine kritische Stimme
beeindruckt. Auch nach seiner Emeritierung war Stecher weit über kirchliche Kreise
hinaus hochgeschätzt. Besondere Beachtung fanden nicht zuletzt seine Äußerungen zur
innerkirchlichen Entwicklung in Österreich, wie etwa sein Eintreten für eine Änderung
bei den Zulassungsbedingungen zum Priesteramt.
Stecher selbst bezeichnete sein
Studium bei Rahner und Jungmann sowie die Erfahrung des Zweiten Vatikanischen Konzils
als besonders prägend für sein Leben. Einen weltweit beachteten Höhepunkt seiner Amtszeit
stellte 1988 sein entschlossenes Vorgehen gegen die Legende vom angeblichen jüdischen
Ritualmord am „Anderl von Rinn“ dar: Stecher setzte der Legende ein Ende und verbot
jeden weiteren Kult. In seine Amtszeit fiel weiters der Besuch von Johannes Paul II.
in Innsbruck und die Seligsprechung der beiden Märtyrerpriester Otto Neururer und
Jakob Gapp.
1941 von der Gestapo verhaftet Nachdem Reinhold Stecher
1939 ins Priesterseminar eingetreten war, wurde er 1941 unter der Anklage der Mitbeteiligung
an der Organisation einer unerlaubten Wallfahrt von der Gestapo verhaftet und rund
drei Monate gefangen gehalten. Nach seiner Entlassung wurde er zum Militärdienst einberufen.
Nach kurzer Internierung in Norwegen kehrte er 1945 nach Tirol zurück und konnte sein
Theologiestudium - u. a. bei Karl Rahner oder Josef Jungmann - in Innsbruck fortsetzen.
Bischof Rusch weihte seinen späteren Nachfolger am 19. Dezember 1947 zum Priester.
Einsatz für Flüchtlinge und Frauen In der Österreichischen Bischofskonferenz
war Bischof Stecher viele Jahre zuständiger Referatsbischof für die Referate Caritas
und Frauen. Als Caritas-Referent der Bischofskonferenz ließ Stecher wiederholt durch
deutliche Wortmeldungen zur Flüchtlingsfrage und anderen sozialen Problemen aufhorchen.
Zugleich war Stecher Vertreter der österreichischen Bischöfe in der Glaubenskommission
der Deutschen Bischofskonferenz. 1993 wurde er mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen
mit Stern für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.