Kardinal Gracias: Kirche macht sich für Frauenrechte stark
Die Situation der
Frauen in Indien ist in den vergangenen Wochen intensiv ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit
gerückt, schreckliche Verbrechen haben dazu beigetragen. Indien ist ein Land, in dem
den Frauen ihre Rechte oft verweigert werden. Kardinal Oswald Gracias, der Erzbischof
von Mumbai, hat reagiert: Am 27. Januar findet in seiner Diözese der „Tag der Gerechtigkeit
für die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen“ statt. Es sollen unter anderem
über alle Pfarreien verteilt 37 Million Öllichter entzündet werden, um auf die Situation
der Frauen aufmerksam zu machen. Die Zahl 37 Millionen entspricht dem Männerüberschuss
in Indien, wie der Zensus von 2011 ergeben hatte. Kardinal Gracias:
„Wir
dachten, wir müssten aktiv Maßnahmen dazu ergreifen, den Respekt für Menschen im Allgemeinen
und Frauen im Besonderen sowie für die Gesetze wieder aufleben zu lassen. Deswegen
haben wir den kommenden Sonntag für eine Gebetskampagne gewählt. Wir haben auch alle
anderen indischen Diözesen eingeladen, sich unserer Initiative anzuschließen, und
in jeder unserer Kirchen wird es von sechs bis sieben oder von sieben bis acht eine
Stunde des Gebetes, Seminare, Diskussionen, Schweigeprozessionen oder anderes geben.
Allen Pfarreien ist freigestellt, wie sie den Tag gestalten möchten. Diese Initiative
soll das Bewusstsein dafür schärfen, dass es sich hier um ein wichtiges Thema handelt,
das alle angeht. Ich denke, das wird einen Einfluss haben.“
Die Initiative
soll sich aber nicht nur auf den kommenden Sonntag beschränken: Es müsse ein Bewusstseinswandel
herbei geführt werden, so Kardinal Gracias. Dabei hätten die Institutionen und Schulen,
insbesondere die katholisch geführten Schulen, eine wichtige Rolle zu spielen. Aber
auch die Berichterstattung und die öffentliche Empörung hätten dazu beigetragen, dass
das Feedback auf die katholischen Aktionen sehr positiv sei:
„Die Medien
in Indien haben das Thema sehr intensiv aufgegriffen, so dass jeder davon gehört hat.
Die Menschen haben unsere Initiativen sofort und ohne Zögern akzeptiert und es gab
überhaupt keine negativen Kommentare. Im Gegenteil. Ich erwarte mir, dass mittlerweile
alle Pfarreien eine Initiative auf die Beine gestellt haben.“
Was die Vergewaltiger
betreffe, deren furchtbare Tat die Öffentlichkeit in Indien aufgerüttelt habe, so
könnten diese die Todesstrafe erwarten. Doch die durch den Rachegedanken getragene
Vollziehung der Todesstrafe, so der Kardinal, sei nicht der richtige Weg, wenn auch
der emotionale Schmerz der Hinterbliebenen mehr als verständlich sei. Der Fokus müsse
jetzt vielmehr darauf liegen, den Frauen in der indischen Gesellschaft den ihnen zustehenden
Platz einzuräumen.
„Das ist etwas, dass wir den Menschen nach und nach beibringen
müssen, nämlich dass Gott Mann und Frau mit der gleichen Würde geschaffen hat, auch
wenn sie verschiedene Rollen übernehmen. Unsere Erziehungseinrichtungen werden weiter
versuchen, das zu vermitteln. Doch die Gewalt gegen Frauen drückt sich nicht nur in
Gruppenvergewaltigungen aus, es gibt beispielsweise auch die Tötung weiblicher Föten
vor der Geburt. Die Regierung hat strenge Gesetze dagegen erlassen, doch es gibt nach
wie vor viele Gegenden, in denen das praktiziert wird. Ich denke, hier kann und wird
die Kirche einen entscheidenden Unterschied ausmachen.“