Vatikan: „Auf dem Weg der Anpassung an europäische Standards“
Die Justiz des Vatikanstaates
bemüht sich um eine stärkere Integration in das internationale Rechtswesen. Das hat
der Vize-Justizbeauftragte des Vatikans, Pierfrancesco Grossi, am Wochenende bei Eröffnung
des vatikanischen Gerichtsjahres betont. Ausdrücklich verwies der Staatsanwalt dabei
auf die neuen Vatikannormen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Zu Jahresbeginn hatte die italienische Nationalbank die elektronischen Zahlungen im
Vatikanstaat blockiert – die Begründung: die Maßnahmen des Vatikans gegen Geldwäsche
seien nicht effektiv genug; es sei nicht sicher, dass sie den europäischen Normen
in diesem Bereich entsprächen.
Auf die Begründung der italienischen Zentralbank
für die Geldautomaten-Blockade – die seit Donnerstag auf der Internetseite der „Banca
d’Italia“ prominent einzusehen ist – ging Anwalt Grossi bei der Eröffnung des vatikanischen
Gerichtsjahres am Samstag nicht ein. Er zählte dagegen die Maßnahmen gegen Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung auf, die der Vatikan im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht
hatte.
„2012 war das Jahr der Anpassung und Prüfung der vatikanischen Gesetzgebung
an die internationalen und europäischen Normen, was Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
sowie Betrug und Fälschung betrifft. In der Tat hat die vatikanische Gesetzgebung
im Laufe des vergangenen Jahres eine Reihe neuer gesetzlicher Maßnahmen erlassen –
gerade zwecks Anpassung an die internationalen und europäischen Normen.“
Bei
zwei der insgesamt vier Maßnahmen handelt es sich laut Grossi um Anpassungen und Ergänzungen
zu einem Vatikangesetz gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vom 30. Dezember
2010. Papst Benedikt XVI. hatte am selben Tag zusätzlich eine eigene Finanzkontrollbehörde
des Vatikans (AIF) ins Leben gerufen, die alle Finanztransaktionen im Staat der Vatikanstadt,
der Kurie und anderer direkt vom Vatikan abhängiger Einrichtungen kontrolliert.
Sind
die bisher getroffenen Maßnahmen ausreichend, um von einem funktionierenden Kampf
gegen Geldwäsche im Vatikan sprechen zu können? Nein, sagt die italienische Zentralbank:
Obwohl die Expertengruppe des Europarates „Moneyval“ im Juli 2012 dem Vatikan „Fortschritte“
in dieser Hinsicht zuerkannt habe, habe sie zugleich signalisiert, dass es noch keine
Beweise für ein effektives Anti-Geldwäsche-System im Vatikanstaat gebe. Anders sieht
das der Direktor der vatikanischen Finanzkontrollbehörde René Brülhart. In einem Interview
mit der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ reagierte der Schweizer Finanzexperte
am Wochenende auf die Erklärung der italienischen Zentralbank.
Er sei „überrascht“
über die Geldautomaten-Blockade, so Brülhart. Immerhin habe der Vatikan im Juli neun
von 16 Moneyval-Empfehlungen bestanden. Deshalb sei der Heilige Stuhl ja auch keiner
Prozedur oder speziellen Überwachung im Zusammenhang mit seinen Antigeldwäschemaßnahmen
durch Moneyval oder andere internationale Körperschaften unterzogen worden. Die vom
Vatikan geleisteten Maßnahmen habe Moneyval als glaubwürdig und ausreichend auf dem
Weg der Anspassung an die internationalen Standards angesehen, führte er aus. Die
Gesetzgebung eines Staates wird im Übrigen erst dann unter Aufsicht gestellt, wenn
mindestens zehn von 16 Empfehlungen nicht erreicht werden. Mit der Absegnung in neun
von 16 Punkten hatte der Vatikan die Moneyval-Prüfung auf jeden Fall „bestanden“.
Dass
der Vatikan seine Maßnahmen gegen Geldwäsche und illegale Finanzaktionen noch weiter
verbessern kann, deuteten derweil der Vatikanfinanzfachmann Brülhart wie auch der
Vize-Justizbeauftragte des Vatikans an. Der Vatikan werde in den kommenden Monaten
in diese Richtung weitergehen, so Brülhart. Pierfrancesco Grossi sieht die Maßnahmen
im Kontext einer allgemeinen Anpassung der vatikanischen Gesetzgebung an die der europäischen
Union: Angesichts der Globalisierung des Rechtslebens wolle man von einer „Enklave
innerhalb Italiens“ zu einer Enklave in der EU werden, so Grossi.