Italien: Kirche empfiehlt keine politischen Kandidaten
Papst Benedikt XVI.
hat an diesem Montagvormittag eine weitere Gruppe italienischer Bischöfe auf ihrem
Ad Limina Besuch in Audienz empfangen. Nach den Bischöfen seiner Diözese Rom ging
es nun weiter mit Mitgliedern der Bischofskonferenz von Molise und den Abruzzen. Unter
ihnen war auch der Erzbischof von Campobasso-Boiano, Giancarlo Maria Bregantini, der
dem Papst Licht und Schatten seiner Region vorgestellt hat. Inbesondere die kommenden
Wahlen seien ein wichtiger Meilenstein für die Region, doch die Kirche halte sich
in politischen Fragen zurück, wie er gegenüber Radio Vatikan betont. Man wolle sich
aber aus ethischen Debatten nicht heraushalten.
„Dann ist es Aufgabe der
einzelnen Parteien, in der Lage zu sein, gut detaillierte Parteiprogramme auszuarbeiten.
Was uns interessiert, ist vor allem die Methode, nicht der Konflikt oder Ausschluss,
sondern das gemeinsame Arbeiten und die Fähigkeit, vor den Problemen in einem so kleinen
Territorium nicht auseinanderzubrechen, sondern sich zu koordinieren.“
In
den vergangenen Wochen waren immer wieder Aussagen verschiedener italienischer Bischöfe
als Empfehlungen für bestimmte Parteien oder Kandidaten verstanden worden, vor allem
für den im Augenblick nur noch geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mario Monti.
Dagegen betont Bregantini:
„Wir können sicherlich keine politischen Anweisungen
geben. Das ist nicht unsere Aufgabe; es liegt in der Freiheit des Christen, in seiner
Berufung als Laie. Deshalb haben wir keinen Kandidaten empfohlen. Wir haben nur eine
Methode vorgeschlagen, die sich an Giuseppe Toniolo [N.d.R. ein italienischer Seliger,
Wirtschaftswissenschaftler und Soziologe] orientiert, „ein soziales Haus” – denn so
haben wir uns das vorgestellt – wie er es nennt, mit verschiedenen Stockwerken und
Levels. Wir haben vorgeschlagen, dass im ersten Stock stets als Gründerelement die
Spiritualität sei, die motiviert. Im zweiten Stock die Ethik, die prüft, im dritten
Stock sehen wir die Kultur, die Pläne macht, im vierten Stock die Politik, die realisiert,
und im fünften Stock – nur im fünften – die Wirtschaft, die ausführt.“
Das
Volk in der kleinen Region Molise sei noch stark von kirchlichen Traditionen geprägt
und höre aufmerksam auf die Stimme der Kirche. Doch aktuell sei das Territorium und
insbesondere der wichtige Sektor der Lebensmittelproduktion von einer der schlimmsten
Krisen betroffen, an die man sich erinnern könne:
„Da ist die Mühe, die
Ställe offen zu halten, und die Schwierigkeit unserer Jugend, in der Gegend zu bleiben,
denn sie finden keine Arbeit und sehen sich gezwungen, nach Deutschland oder Australien
auszuwandern. Wir haben die gleiche Situation wie in den 50er oder 60er-Jahren. Das
wirft große Fragezeichen für die Zukunft auf. Natürlich ist da auch der Wandel der
moralischen Werte, den man insbesondere im Inneren der Familien beobachtet, die seinerzeit
sehr solide war, und die heute großen und schwierigen Versuchungen ausgesetzt ist.“