2013-01-12 09:11:56

Die Betrachtung zum Sonntag


RealAudioMP3 Johannes hat keinen Zweifel darüber gelassen, dass er selbst nicht der Messias ist. Johannes weiß, dass er das Volk nur vorbereiten kann auf den, der kommen wird.
Aus dem Lukasevangelium, 3: 15-15.21-22
In jener Zeit war das Volk voll Erwartung, und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei.
Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel, und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.

Die Berachtung zum Sonntag spricht Veronika Prüller-Jagenteufel, Pastoralamtsleiterin des Erzbistums Wien:

Die kurzen Verse, mit denen das Lukasevangelium – ähnlich wie bei Matthäus und Markus – die Taufe Jesu schildert, markieren den Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu, den Anfang seines Wirkens im Volk Israel. Insofern ist die Taufe Jesu eine Art zweite Epiphanie, ein Sichtbar-werden der Gegenwart Gottes unter uns. Und ähnlich wie bei der Erscheinung des Herrn, die die Kirche letzten Sonntag gefeiert hat – der Erscheinung vor den Weisen aus dem Morgenland – ist es zunächst wieder ein eigentlich eher unscheinbares Geschehen, eine schlichte Angelegenheit. Jesus tritt an Johannes heran wie alle anderen, die womöglich schon lange in der Reihe gewartet haben, dass sie zur Taufe im Jordan drankommen. Jesus reiht sich ein unter die Büßer, die von Johannes das Zeichen ihrer Bereitschaft empfangen, umzukehren und neu auf Gottes Wort zu hören, Gottes Willen neu zu folgen. Außer in der Passion wird es in den Evangelien kaum einmal so deutlich, dass Jesus, der Sohn Gottes, einer von uns geworden ist, dass er sich in der Menschwerdung auf unsere Seite gestellt hat. Es wird sichtbar in dem Moment, in dem er in der Reihe der Büßenden die Taufe empfängt und in ihm stellvertretend ganz Israel, das Volk Gottes, wir alle.

Johannes hat keinen Zweifel darüber gelassen, dass er selbst nicht der Messias ist. Johannes weiß, dass er das Volk nur vorbereiten kann auf den, der kommen wird. Man kann sagen, Johannes hat eine gesunde Selbsteinschätzung. Er kennt seinen Wert und braucht sich nicht größer zu machen, als er ist. Er ist ein Hoffender und erwartet das Kommen des Herrn. Als Jesus seinen Weg beginnt, ist Johannes dann unsicher und will wissen: Bist Du es oder muss ich weiter warten? Jesus gibt darauf ja bekanntlich keine direkte Antwort, sondern verweist auf das, was im Umkreis Jesu zu erfahren ist: Blinde sehen, Lahme gehen, Arme atmen auf. Nicht am herrschaftlichen Trompetenschall, nicht an Pomp und nicht an großem Auftrumpfen ist die Ankunft des Messias zu erkennen, sondern an der Rettung für die, die in Not sind. Und auch das eher unscheinbar, kein Big Bang in der Weltgeschichte.

Das Revolutionäre und Großartige ist aber genau das: Gott ist unter den Menschen, einer von uns, mitten im Volk, bei denen, die am Rande stehen, eingereiht in die Reihe derer, die sich taufen lassen wollen, die ihren Weg neu mit Gott gehen wollen.

Und wie wahrscheinlich auch die anderen, betet Jesus, als er zur Taufe hintritt. Er ist einer von uns und zugleich eins mit Gott. Er ist ganz bei uns und ganz auf Gott ausgerichtet. In ihm wendet sich die ganze Menschheit aufs Neue Gott zu. Und Gott selbst bestätigt Jesus, bestätigt sein Wirken und nimmt in ihm uns alle als seine Kinder an.

Diese großartige Bewegung und Zusage Gottes feiert die Kirche heute im Fest der Taufe Jesu und sie wird jedes Mal gefeiert, wenn ein Mensch, einer von uns, getauft wird. Jedem und jeder gilt dieser Spruch Gottes: Du bist mein geliebtes Kind! Auch wer heute getauft wird, steigt sozusagen in Jesu Windschatten in den Jordan und darf den Zuspruch Gottes auf sich selbst beziehen: ich bin ein Sohn, eine Tochter, die Gott liebt.

Bleibt die Frage: Ob er wohl auch an uns, an mir Gefallen findet? Die große Weltgerichtsszene gegen Ende des Matthäusevangeliums gibt einen Schlüssel für die Antwort. Dort ist klar: Gefallen findet Gott an denen, die sich den Bedürftigen zuwenden, die Hungrigen speisen, die Nackten kleiden etc. Auch hier ist wieder das Aufatmen der Notleidenden das Erkennungszeichen.
Der Herr zeigt sich in Solidarität mit uns Menschen und er identifiziert sich mit denen, deren Menschenwürde in Gefahr ist. Das ist eine große Zusage, aber auch eine ziemliche Provokation, denn es heißt z.B. auch, dass in der Bettlerin, die mir auf der Straße begegnet, mir mein Herrn und Meister erscheint, der, der auch über diese Bettlerin sagt: Das ist meine geliebte Tochter! Mit dem Glauben daran wirklich Ernst zu machen – wäre das vielleicht die Feuertaufe für uns Christen?


(rv 12.01.2013 ord)








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