Johannes hat keinen
Zweifel darüber gelassen, dass er selbst nicht der Messias ist. Johannes weiß, dass
er das Volk nur vorbereiten kann auf den, der kommen wird. Aus dem Lukasevangelium,
3: 15-15.21-22 In jener Zeit war das Volk voll Erwartung, und alle überlegten im
Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei. Doch Johannes gab
ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker
ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch
mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Zusammen mit dem ganzen Volk ließ
auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel, und der Heilige
Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel
sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.
Die
Berachtung zum Sonntag spricht Veronika Prüller-Jagenteufel, Pastoralamtsleiterin
des Erzbistums Wien:
Die kurzen Verse, mit denen das Lukasevangelium – ähnlich
wie bei Matthäus und Markus – die Taufe Jesu schildert, markieren den Beginn des öffentlichen
Auftretens Jesu, den Anfang seines Wirkens im Volk Israel. Insofern ist die Taufe
Jesu eine Art zweite Epiphanie, ein Sichtbar-werden der Gegenwart Gottes unter uns.
Und ähnlich wie bei der Erscheinung des Herrn, die die Kirche letzten Sonntag gefeiert
hat – der Erscheinung vor den Weisen aus dem Morgenland – ist es zunächst wieder ein
eigentlich eher unscheinbares Geschehen, eine schlichte Angelegenheit. Jesus tritt
an Johannes heran wie alle anderen, die womöglich schon lange in der Reihe gewartet
haben, dass sie zur Taufe im Jordan drankommen. Jesus reiht sich ein unter die Büßer,
die von Johannes das Zeichen ihrer Bereitschaft empfangen, umzukehren und neu auf
Gottes Wort zu hören, Gottes Willen neu zu folgen. Außer in der Passion wird es in
den Evangelien kaum einmal so deutlich, dass Jesus, der Sohn Gottes, einer von uns
geworden ist, dass er sich in der Menschwerdung auf unsere Seite gestellt hat. Es
wird sichtbar in dem Moment, in dem er in der Reihe der Büßenden die Taufe empfängt
und in ihm stellvertretend ganz Israel, das Volk Gottes, wir alle.
Johannes
hat keinen Zweifel darüber gelassen, dass er selbst nicht der Messias ist. Johannes
weiß, dass er das Volk nur vorbereiten kann auf den, der kommen wird. Man kann sagen,
Johannes hat eine gesunde Selbsteinschätzung. Er kennt seinen Wert und braucht sich
nicht größer zu machen, als er ist. Er ist ein Hoffender und erwartet das Kommen des
Herrn. Als Jesus seinen Weg beginnt, ist Johannes dann unsicher und will wissen: Bist
Du es oder muss ich weiter warten? Jesus gibt darauf ja bekanntlich keine direkte
Antwort, sondern verweist auf das, was im Umkreis Jesu zu erfahren ist: Blinde sehen,
Lahme gehen, Arme atmen auf. Nicht am herrschaftlichen Trompetenschall, nicht an Pomp
und nicht an großem Auftrumpfen ist die Ankunft des Messias zu erkennen, sondern an
der Rettung für die, die in Not sind. Und auch das eher unscheinbar, kein Big Bang
in der Weltgeschichte.
Das Revolutionäre und Großartige ist aber genau das:
Gott ist unter den Menschen, einer von uns, mitten im Volk, bei denen, die am Rande
stehen, eingereiht in die Reihe derer, die sich taufen lassen wollen, die ihren Weg
neu mit Gott gehen wollen.
Und wie wahrscheinlich auch die anderen, betet Jesus,
als er zur Taufe hintritt. Er ist einer von uns und zugleich eins mit Gott. Er ist
ganz bei uns und ganz auf Gott ausgerichtet. In ihm wendet sich die ganze Menschheit
aufs Neue Gott zu. Und Gott selbst bestätigt Jesus, bestätigt sein Wirken und nimmt
in ihm uns alle als seine Kinder an.
Diese großartige Bewegung und Zusage Gottes
feiert die Kirche heute im Fest der Taufe Jesu und sie wird jedes Mal gefeiert, wenn
ein Mensch, einer von uns, getauft wird. Jedem und jeder gilt dieser Spruch Gottes:
Du bist mein geliebtes Kind! Auch wer heute getauft wird, steigt sozusagen in Jesu
Windschatten in den Jordan und darf den Zuspruch Gottes auf sich selbst beziehen:
ich bin ein Sohn, eine Tochter, die Gott liebt.
Bleibt die Frage: Ob er wohl
auch an uns, an mir Gefallen findet? Die große Weltgerichtsszene gegen Ende des Matthäusevangeliums
gibt einen Schlüssel für die Antwort. Dort ist klar: Gefallen findet Gott an denen,
die sich den Bedürftigen zuwenden, die Hungrigen speisen, die Nackten kleiden etc.
Auch hier ist wieder das Aufatmen der Notleidenden das Erkennungszeichen. Der Herr
zeigt sich in Solidarität mit uns Menschen und er identifiziert sich mit denen, deren
Menschenwürde in Gefahr ist. Das ist eine große Zusage, aber auch eine ziemliche Provokation,
denn es heißt z.B. auch, dass in der Bettlerin, die mir auf der Straße begegnet, mir
mein Herrn und Meister erscheint, der, der auch über diese Bettlerin sagt: Das ist
meine geliebte Tochter! Mit dem Glauben daran wirklich Ernst zu machen – wäre das
vielleicht die Feuertaufe für uns Christen?