Ungarn: Verfassungsgericht will Revision des Kirchengesetzes
Das Verfassungsgericht hat die Grundgesetz-Verfügungen zum Kirchengesetz außer Kraft
gesetzt. Dabei führt es als Motiv ein Grundrechte-Problem an. Beanstandet wird die
unter dem Titel einer Übergangsbestimmung definierte Zuständigkeit des Parlaments
für die Rechtsstellung von Religionsgemeinschaften. Die Rechtstellung der Kirchen
und ihre staatliche Anerkennung wurde nach den bisherigen Bestimmungen vom Parlament
mit einer Zweidrittelmehrheit geregelt und festgelegt. Es wird u.a. vorgeschrieben,
auf wie viele Jahre Tätigkeit eine Kirche in Ungarn zurückblicken und wie viele Mitglieder
sie für eine Anerkennung haben muss.
Die Venedig-Kommission des Europarats
hatte bereits Mitte 2012 in einem Bericht scharfe Kritik am Kirchengesetz geübt. Es
sei „überzogen“ und zum Teil von „Willkür“ geprägt, urteilten die Rechtsexperten.
Die Kommission empfahl die Ausarbeitung „klarer Kriterien“ für das Anerkennungsverfahren
von Religionsgemeinschaften. Gefordert wurde etwa auch die Einrichtung eines unabhängigen
Tribunals, dass den Registrierungsprozess und die parlamentarische Entscheidung kontrollieren
soll.
Die Richter setzten auch zahlreiche andere Verfügungen des Grundgesetzes
außer Kraft. Die zum Teil im Schnellverfahren angenommenen Parlamentsbeschlüsse waren
von Mate Szabo, dem Ombudsmann für grundsätzliche Rechte, angefochten worden. Die
Richter stellten nun fest, dass die „vorübergehenden“ Gesetze das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit
verletzen. Sie könnten zu Interpretationsproblemen führen, und durch sie werde die
Einheit und Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates gefährdet.