Naher Osten: Das große Schweigen auf die Frage, was kommen wird
Die Kirche Jerusalems
ist die Kirche des Kalvarienberges. Diesen Vergleich zieht der Lateinische Patriarch
von Jerusalem, Fouad Twal, im Gespräch mit Radio Vatikan. Die Lage der Christen im
Nahen Osten werde immer schlimmer, und er könne dazu nicht schweigen.
„Andererseits
haben wir aber auch die gute Nachricht vergessen, dass die Palästinenser glücklich
sind, einen eigenen Staat zu haben. Der ist zwar noch nicht vollständig und hat in
der UNO noch nicht das Recht, zu sprechen, aber es ist ein erster Schritt. Ich denke,
dass die Ankündigung dieses ersten Schrittes ihren Teil zu unserer Weihnachtsfreude
beigetragen hat. Die Palästinensische Verwaltung und auch wir waren da sehr glücklich.“
Im
zu Ende gegangenen Jahr habe man im Heiligen Land zwanzig Fälle von Vandalismus gezählt
- gegen Synagogen, Moscheen und gegen christliche Gebäude. Diese Gewalt sei von Muslimen,
aber auch Israelis ausgegangen, und die Kirche habe immer öffentlich dagegen protestiert.
Zwar habe Israel immer sein Bedauern ausgedrückt, er selber habe aber nie gelesen,
dass darauf dann eine Untersuchung oder gar die Verurteilung eines Täters gefolgt
sei. Es sei ein gesellschaftliches Problem, dass solcher Vandalismus nicht geahndet
werde.
„Das zeigt wieder einmal, wie wichtig Bildung ist. Ich frage mich
immer, wie es sein kann, dass junge Menschen so zum Hass auf andere erzogen werden
und dazu, anderen die Rechte zu nehmen. Das ist ein Bildungsproblem für Kinder und
Schulen. Ich würde gerne ein Bildungsprogramm sehen, bei dem klar wird: Die Gewalt
dieser Menschen schadet ihrer eigenen Religion und ihrer eigenen Gemeinschaft genauso,
wie sie uns schaden.“
Was die Lage der Christen aber am meisten belaste,
sei die Situation in Syrien, so der Patriarch. Damit meint er nicht nur die Gewalt
im Nachbarland und die massenhafte Flucht von Syrern in den Libanon und nach Jordanien.
„Das
Schlimmste ist, dass wir nicht wissen, was danach kommen wird. Es gibt keinen Plan,
keine internationale Agenda für den Wandel! Auf die Frage ‚Was dann’ bekommen wir
immer ein großes Schweigen als Antwort. Wir haben das Beispiel des Irak vor Augen
und natürlich das Beispiel Ägyptens, und in Syrien wird es ähnlich gehen: keine Menschenrechte,
keinen Respekt vor der Person, keinen Frieden im Nahen Osten.“