Weihnachtsbotschaften: Warnung vor Spaltung und Egoismus in der Gesellschaft
Zu Solidarität und
Gewaltlosigkeit hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz an Weihnachten
aufgerufen: „Der Frieden, den Jesus bringt, ist beides: der innere und äußere Friede;
es ist der Friede, der uns wahre Zufriedenheit, Glück und tiefe Freude schenkt.“ Das
sagte Erzbischof Robert Zollitsch in seiner Predigt am ersten Weihnachtstag
im Freiburger Münster. Er ging unter anderem auf die vielfältigen Gesichter der Gewalt
in der Gesellschaft ein: physische Gewalt an Schulen, im öffentlichen Raum und zu
Hause, verbale Aggressionen, Zwietracht und mangelnden Willen zu Dialog und Versöhnung,
auch innerhalb der Kirche.
Die Wurzeln des Unfriedens steckten im Menschen
selbst, führte Zollitsch aus, der zu einer Haltung des inneren Friedens und zugleich
zum Schutz der Werte der Freiheit, des Friedens und der Demokratie in Europa aufrief.
Dabei sprach er am Rande auch die Finanz- und Wirtschaftskrise an: „Eine Gesellschaft
aber, die dem Frieden dient, in Gerechtigkeit und Nächstenliebe, ist im tiefsten Sinne
des Wortes ,wohlhabend‘, da sie das Wohl der Menschen im Blick hat.“ Europa sei vor
diesem Hintergrund ein Vorbild, das zeige: „Es lohnt sich, die Sprache der Verständigung
zu sprechen, das Alphabet von Frieden und Liebe zu erlernen.“
In Zeitungsinterviews
warnte der Konferenzvorsitzende zudem vor einer wachsenden sozialen Spaltung. „Die
Armen bleiben zurück, und der Reichtum in der Hand einiger weniger nimmt weiter zu“,
sagte Zollitsch den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. Wenn die soziale Schere so auseinandergehe,
führe das zu Unruhe.
Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, kritisierte, in Deutschland gerieten
immer mehr Menschen ins Abseits und drohten dauerhaft abgehängt zu werden. Dabei beschränke
sich die Frage der sozialen Gerechtigkeit nicht nur auf Deutschland, so Schneider,
der in seiner Weihnachtsbotschaft zur Solidarität mit dem von der Euro-Schuldenkrise
geschüttelten Griechenland und auch mit anderen europäischen Ländern aufrief: „Europa
ist mehr als ein Wirtschaftsraum. Europa ist ein Friedensprojekt“, so der Präses.
Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann rief zu einem verantwortungsbewussten
Umgang mit der Macht auf. Ihre Ausübung müsse aber immer geregelt und durch das Recht
begrenzt sein, sagte der Bischof. Sonst komme es „rasch zu Willkür, ruinösem Wettbewerb
und Vernichtungsstrategien“. Mit der Geburt seines Sohnes Jesus in einem armseligen
Stall habe Gott die menschlichen Kategorien von Macht auf den Kopf gestellt, so Lehmann.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx machte die seit Jahrzehnten sinkenden
Geburtenraten zum Thema seiner Weihnachtsbotschaft: „Ohne das intensive Ja-Wort zu
Kindern kann keine wirklich nachhaltige Zivilisation bestehen. Wir brauchen eine Wende
in den Herzen und Köpfen aller, um neu die Lust auf Leben zu entdecken und die Freude,
Leben weiterzugeben“, so der Erzbischof von München und Freising.
Der Kölner
Kardinal Joachim Meisner rief die Christen auf, sich aktiv in Gesellschaft
und Politik einzusetzen. Gott habe die Welt so sehr geliebt, dass er trotz „Verfalls
und Totalausverkaufs der Kultur“ in Jesus Mensch geworden sei.
Ruhrbischof
Franz-Josef Overbeck kritisierte fehlende Menschlichkeit in einer nur nach
Leistung und Gewinn strebenden Wirtschaft. Zudem monierte er die Art und Weise der
Entscheidung, die Produktion von Opel in Bochum bis auf kleine Reste zu beenden. Die
bewährte Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und -nehmern müsse beachtet werden.
Aachens Bischof Heinrich Mussinghoff prangerte den Gesetzentwurf zu
Sterbehilfe an. Das geplante Gesetz „verbietet zwar die gewerbliche Euthanasie, lässt
aber Tür und Tor offen für assistierten Suizid durch Verwandte und Freunde“, sagte
er im Aachener Dom. Der Wunsch nach Selbsttötung trete dort nicht auf, wo gute ärztliche
Betreuung, ausreichend pflegerische Hilfe und menschliche Zuwendung geschehe.
Der
Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker wies darauf hin, dass Gott besonders
zu den Armen, Verzweifelten und Unterdrückten kommen wolle. Weihnachten rieche nicht
nur nach Tannengrün und Lebkuchen, sondern auch „nach Stall und Mist“, sagte er im
Paderborner Dom.
Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen kritisierte
deutsche Waffenexporte. „Unsere Welt ist voll von Gewalt, und wir in Deutschland tragen
dazu bei“, sagte er im Hamburger Mariendom. „Panzer und anderes Kriegsmaterial verkaufen
wir zum Fest des Friedens in den Süden.“
Der Berliner Kardinal Rainer Maria
Woelki verwies auf die „dramatische Lage“ von Christen in Syrien, Ägypten,
Nigeria und dem Heiligen Land. Deren Situation werde hierzulande in der Regel mit
Schweigen übergangen. Woelki mahnte auch zum Engagement für einen sozialen Frieden
in Deutschland. Er verwies auf die wachsende Wohnungsnot in der Hauptstadt. Sie führe
zu einer Verdrängung unterprivilegierter Berliner aus der Innenstadt und zu einem
deutlichen Anstieg der Obdachlosenzahl.