Ernst Baltrusch: Herodes.
König im Heiligen Land. Eine Biographie. Eine Besprechung von Pater Bernd Hagenkord
Das
Wichtigste versteckt sich hinten im Buch: Wenn wir in den kommenden Weihnachtstagen
den Namen Herodes in den Evangeliumslesungen hören, dann wird uns dort das Bild eines
argwönischen und gewalttätigen Herrschers präsentiert. Die vorliegende Biografie des
Herrschers aber kommt erst ganz zum Schluss ausführlicher zu dieser für Christen so
wichtigen Episode im Leben des Herodes. Exegeten und Prediger aller Zeiten – zuletzt
Papst Benedikt XVI. in seinem Jesusbuch – haben dargelegt, wie die Evangelisten den
neuen König Jesus vor der Folie des schlechten Königs Herodes beschreiben: Der himmlische
König vor der Folie des allzu weltlichen Machtmenschen.
Ernst Baltrusch hat
in seiner Biographie einen Herrscher beschrieben, der immer bemüht war, ein „kleiner
Augustus“ zu sein und auch jahrzehntelang damit Erfolg hatte. Er war ein römischer
König, von des Reiches und Kaisers Gnaden, aber auch in seinem Selbstverständnis.
Um einen Zugang zu diesem erfolgreichen, dann zum Schluss verbitterten König zu gewinnen,
zerlegt ihn der Autor in vier Teile: Herodes der Idumäer, der Römer, der Jude und
der Hellenist. Dazu kommt noch seine Familiensituation, die sich als sehr wirkmächtig
in seinem Leben herausstellen sollte, gegen Lebensende ließ er drei seiner Söhne umbringen.
Herodes habe ein System dieser Identitäten entwickelt, so der Autor, um sein Reich
errichten, etablieren und stabilisieren zu können. An der letzten, der Familie, sollte
er dann scheitern.
Baltrusch spricht von den verschiedenen „Judentümern“, die
zum Teil gegeneinander standen und an deren Radikalisierung Herodes seinen Anteil
hatte, er erklärt die Abhängigkeit von Rom und die Funktion, die der König im Reich
einnahm.
Aber zurück zur Weihnachtsgeschichte: Was hat das alles mit dem Herodes
der Bibel zu tun? Historisch wenig, urteilt Baltrusch, aber trotzdem habe der biblische
viel mit dem historischen König zu tun. Die jüdische und frühchristliche Geschichtsschreibung
habe ihm so ziemlich alles zugetraut, was an Bosheit möglich war. Also passt der Kindermord
gut ins Bild, auch wenn er durch andere Quellen nicht verbürgt ist. Der Autor nennt
es eine „gute und glaubwürdige Erfindung“.
Gleichzeitig – so Baltrusch – spielten
sich aber Jesu Leben und Wirken in einer völlig von Herodes strukturierten Welt ab.
Reichtum und Macht, dargestellt als Protz, der nur noch pragmatische Umgang mit Glaubensdingen,
die Aufgabe des jüdischen Selbstbehauptungswillens, die rein innerweltlich verstandene
Herrschaft: Gegen all das wendet sich Jesus und auch andere jüdische Bewegungen, etwa
die Essener.
Deswegen lohnt sich die Lektüre dieses Buches, weil es eben auch
die Biographie einer Welt ist, in der Jesus sich bewegte und die zu verstehen und
hilft, diese uns fremd gewordene Welt zu verstehen.
Das Buch ist im C. H. Beck
Verlag erschienen und kostet etwa 27 €