2012-12-12 13:32:40

Italien: Rückkehr eines „Rattenfängers“


RealAudioMP3 Mit scharfen Worten hat Italiens größte katholische Zeitschrift die angekündigte Spitzenkandidatur von Silvio Berlusconi für die kommenden Parlamentswahlen kommentiert. Damit kehre ein „Dinosaurier“ und „Rattenfänger“ in den Wahlkampf zurück, der das Land ins Chaos stürzen könnte, schreibt das Wochenblatt „Famiglia Cristiana“ in seiner jüngsten Ausgabe vom Dienstag. Der Medienunternehmer, Milliardär und Ex-Ministerpräsident stehe für ein System, das die Probleme von Familien, Arbeitern und jungen Menschen ignoriere. „Unter dem Weihnachtsbaum liegt eine unsichere Zukunft“, schreibt Famiglia Cristiana.

So harsch haben sich die italienischen Bischöfe bislang nicht geäußert. Allerdings sehen sie mit dem angekündigten Rücktritt Mario Montis nicht weniger als Italiens sozialen Zusammenhalt in Gefahr. Giancarlo Bregantini, Präsident der Kommission für Arbeit, Gerechtigkeit und Frieden in der Italienischen Bischofskonferenz, unterstreicht im Interview mit Radio Vatikan die Bedeutung der Einheit in Gesellschaft und Politik:

„Man begreift inzwischen, dass die Ideale des sozialen Zusammenhalts und des Gemeinwohls geschützt werden müssen! Die Regierung wurde bei all ihren Schritten und wirtschaftlichen Entscheidungen von allen Parteien unterstützt, auch von denen, die sie heute nicht mehr stützen; sie hatten immer ihre volle Zustimmung gegeben. So kann man jetzt nicht sagen: Es ist Montis Schuld, dass es zur aktuellen Situation gekommen ist. Allerdings sollte man jetzt ein Einheitsbewusstsein bewahren, um die anstehenden Herausforderungen anzugehen. Das ist der Orientierungspunkt: ein Gefühl der Einheit, das intakt bleiben, geschützt und begleitet werden muss.“

Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, hatte am Montag den angekündigten Rücktritt von Ministerpräsident Mario Monti bedauert und als „negatives Zeichen“ für die Zukunft des Landes gewertet. Erzbischof Bregantini versucht hingegen, optimistisch zu bleiben. Seiner Meinung nach lässt sich die Uhr für Italien nicht mehr in die Ära Berlusconi zurückdrehen.

„Die starke Präsenz der Demokratischen Partei ,Partito Democratico‘ (PD) bei den Vorwahlen hat gezeigt, dass es den Willen zu einer positiven, gesunden und konstruktiven Politik gibt, nicht zu einer Politik der Nostalgie und der Rückschritte. Es gibt den Mut für eine Zukunft mit Lösungen, die von den Menschen gewählt wurden und die zugleich von Kontinuität zeugen.“

Kontinuität braucht es nach Ansicht der Bischöfe auch bei den unbequemen Entscheidungen, die Montis „Technokraten-Regierung“ traf: Der Sparkurs müsse weiter fortgesetzt werden, so Kardinal Bagnasco im Gespräch mit einer Mailänder Tageszeitung. Angesichts der großen Opfer, die von den Bürgern gefordert worden seien, hätten diese nun das Recht, auch die „konkreten Früchte“ dieser Politik zu sehen, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Es sei immer ein Warnsignal, wenn es zu einem verfrühten Ende der Legislaturperiode komme. Ähnlich äußerte sich auch ein Leitartikel der vatikanischen Tageszeitung Osservatore Romano.


Monti hatte am vergangenen Samstag seinen Rücktritt angekündigt. Er will sein Amt aber erst nach der Verabschiedung eines Stabilitäts- und Haushaltsgesetzes niederlegen. Das könnte nach Einschätzung von Beobachtern noch vor Weihnachten der Fall sein.

(rv/kna 12.12.2012 pr)








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