Ägypten: Mursi lenkt ein, doch Verfassungsentwurf bleibt
Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat an diesem Samstagabend bekannt gegeben, dass
er die per Dekret erworbenen und quasi uneingeschränkten Machtbefugnisse, aufgrund
derer es seit Tagen im ganzen Land zu heftigen Protesten kommt, mit sofortiger Wirkung
wieder ablegen werde. Doch das Referendum zum Verfassungstext solle wie geplant am
kommenden 15. Dezember stattfinden. Der Apostolische Vikar von Alexandria, Bischof
Adel Zaki, hatte an diesem Freitag deutliche Kritik am ägyptischen Verfassungsentwurf
geübt. Zugleich lehnte er einen Boykottaufruf zum geplanten Referendum ab. Der Verfassungstext
spalte das Land, sagte Zaki dem vatikanischen Pressedienst „Fides“. Die heftigen Proteste
dieser Tage zeigten, dass ein großer Teil des Volkes den Entwurf ablehne. Dies dürfe
nicht einfach ignoriert werden, so der katholische Bischof. Allerdings wäre es nach
Ansicht Zakis nicht hilfreich, wenn die Kirchen in Ägypten zu einem Boykott des Referendums
aufriefen. Man müsse vielmehr auf die Urteilskraft der Menschen setzen. „Aber es sollte
auch jeder nach seinem Gewissen und in voller Freiheit abstimmen“, sagte er. Gegen
die Gefahr des drohenden Bürgerkriegs in Ägypten rief er dazu auf, zivilgesellschaftliche
Kräfte zu stärken, die den Dialog zwischen Anhängern und Gegnern von Präsident Mursi
befürworteten. Unterdessen hat auch der aus der koptischen Minderheit stammende Vizevorsitzende
der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit (FJP) in Ägypten, Rafik Habib, seine politischen
Ämter aufgegeben. Dies geschah als Reaktion auf die Zusammenstöße in Folge des im
Eilzugstempo beschlossenen neuen Verfassungsentwurfs. Er stehe auch nicht mehr als
Berater für Präsident Mohammed Mursi zur Verfügung, erklärte der Politikwissenschaftler
am Donnerstag via Facebook.