Kardinal Koch: Selbstverwirklichung und Gehorsam sind keine Gegensätze
Selbstverwirklichung
und Gehorsam sind keine Gegensätze sondern aufeinander bezogen. Das betonte der vatikanische
Ökumeneverantwortliche, Kurienkardinal Kurt Koch, am Freitag in Wien. Der Schweizer
Kardinal war zur Fachtagung „Selbstverwirklichung und Gehorsam“ im Stift Heiligenkreuz,
wo er einen der Hauptvorträge hielt. Im Gespräch mit „Kathpress“ erklärte Koch:
„Selbstverwirklichung
- das Wort zeigt uns: im Begriff des ‚selbst’ liegt die Betonung und nicht im Begriff
des ‚ich’. Ich habe den Eindruck, dass man heute viel von Selbstverwirklichung redet,
aber ‚Ich-Verwirklichung’ meint. Selbstverwirklichung heißt, dass ich meine eigene
Bestimmung wahrnehme und danach lebe. Und das kann ich nicht alleine, das kann ich
nur in Beziehung zu jener Wirklichkeit, die mich erschaffen hat, die mich erlöst hat.“
Wenn man Selbstverwirklichung auf diese Art verstehe, sei auch Gehorsam
kein Widerspruch dazu, sondern eine Folge, erläuterte der Kardinal weiter:
„Als
Christen leben wir auf der Grundlage einer Botschaft, die uns geschenkt ist, die wir
nicht selber erfunden haben – das ist das Evangelium. Deshalb ist die erste Antwort
darauf, genau hinzuhören und gehorchen ist eine intensive Form des Hörens auf das,
was Gott in meinem Leben will.“
Zur aktuellen Reformdiskussion sagte Koch
auf Anfrage, dass Neuerungen in der Kirche in der Regel dem Vorausdenken Einzelner
zu verdanken waren. Freilich sei dies immer eine sensible Gratwanderung. Als Richtschnur
führte er an, dass Weiterentwicklungen behutsam und nicht bewusst gegen die Kirchenleitung
angegangen werden sollten.