Die ökumenischen Bestrebungen der christlichen Kirchen sollten nicht auf Uniformität
abzielen, sondern sich um Verwirklichung von Einheit in der Vielfalt bemühen: Diese
These präsentiert der ökumenische Vordenker Anastasios Kallis, Autor des Buches „Das
Jerusalemer Konzil von 2054 - eine Vision der Kirchengemeinschaft“, am Donnerstag
in Wien. Der aus Griechenland stammende und in Deutschland lebende Theologe kommt
auf Einladung der Stiftung Pro Oriente und des Forums Zeit und Glauben. In seinem
Buch spielt Kallis auf das Schisma von 1054 an, bei dem sich die Oberhäupter der byzantinischen
und der römischen Kirche gegenseitig exkommunizierten. Kallis dokumentiert die sonst
schwer zugänglichen Texte der Exkommunikation in deutscher Sprache sowie deren Aufhebung
am 7. Dezember 1965 durch Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras mit seiner Synode.
In die Zukunft blickt der orthodoxe Theologe voll Optimismus, wie die Vision eines
gemeinsamen Konzils bereits im Buchtitel darlegt.
Allerdings betont Kallis,
dass es auch zahlreiche Fehlschläge und Misserfolge im ökumenischen Dialog gab. Scheinbar
habe die derzeit angestrebte Gemeinschaft nie existiert und sei „weder erstrebenswert
noch realisierbar“, schreibt er in seinem Buch. Die „sogenannte Einheit" der ungeteilten
Kirche sei vielmehr eine Gemeinschaft von Ortskirchen gewesen, die durch komplementäres
Verständnis ihrer Vielfalt möglich war. „Die Einheit lässt sich ohne die Vielfalt
nicht verwirklichen. Die Vielfalt sichert die Gemeinschaft der Kirche, die in der
Uniformität ihre Katholizität und Ökumene verliert“, so Kallis wörtlich.