Kard. Marx: „Den Gedanken einer großen Behörde beiseite schieben“
An diesem Mittwoch
ging in Rom die Vollversammlung des päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden
zu Ende. Zu Beginn der Versammlung hatte Papst Benedikt am Montag auf das Konzept
einer „Weltbehörde“ hingewiesen, wie sie bereits von Papst Johannes XXIII. vorgeschlagen
worden war. Ausgehend vom Gemeinwohl der Menschen sollten sich die Regierenden Gedanken
dazu machen, wie diese in konkrete Regelungen und eben eine übergeordnete Instanz
übersetzt werden könnten. Die Vollversammlung hat sich in den vergangenen drei Tagen
mit dieser Idee eingehend befasst. Eines der Mitglieder des Rates ist der Münchner
Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, er will in diesem internationalen Gemeinwesen aber
keine neue große Institution sehen:
„Man sollte den Gedanken dieser großen
Organisation beiseite schieben, das macht den Leuten Angst, das sehen wir in Europa
und das gilt erst recht auf einer globalen Ebene. Meine Überlegung wäre, und das wurde
im Rat auch angedeutet auch wenn es keinen formalen Beschluss gibt, dass man von dem
ausgeht, was da ist. Es ist ja nicht so, als ob wir gar keine internationalen Regeln
und Absprachen hätten. Aber wir haben vielleicht falsche Regeln an Stellen, wo es
nicht nötig ist und keine Regeln an Stellen, wo es nötig ist.“
Dieses Phänomen
könne man zum Beispiel in der aktuellen Finanzkrise beobachten. Weiterhin fehlten
die Verbindungen zwischen den bestehenden internationalen Organisationen, etwa zwischen
der UNO und der Welthandelsorganisation. Von den einzelnen Problemen ausgehend müsse
man gemeinsam mit allen Institutionen Regeln finden, die verlässlich und hilfreich
seien.
„Ich bin der Überzeugung, dass der päpstliche Rat und auch die Enzykliken
seit 1960 da einen richtigen Punkt getroffen haben, dass die Kirche darauf hinweist.
Die Kirche kann jetzt nicht hingehen und einen Masterplan und einen Arbeitsplan für
eine solche Autorität hinlegen. Aber die Diskussion ist in vollem Gange.“
Man
könne diese Diskussion an den Debatten um die Autoritäten von G8, G20 oder des Strafgerichtshofes
erkennen. Hier habe die Kirche etwas beizutragen, so Kardinal Marx. Eines der Beispiele
für transnationale Kooperation ist im Augenblick aber in der Krise, Europa leidet
unter den Unterschieden bei einer einheitlichen Währung. Der Euro zwinge Europa, nachzudenken
und sich in den schweren Fragen neu zu einigen, so Marx. Und man müsse auch auf die
Gründe für die Krise schauen.
„Es sind nicht nur wirtschaftliche Gründe,
es sind bei der Einführung des Euro erhebliche Fehler gemacht worden, politische Fehler.
Und wir sind seit den 70er Jahren einer beschleunigten Kapitalismusidee gefolgt. Aber
die große Idee Europas bleibt, die hat glaube ich jetzt nicht Schaden genommen, weil
Europa hoffentlich auch die Kraft hat, aus diesen Fehlern zu lernen. Das allerdings
muss man erwarten. Der Euro, der eigentlich Ausdruck einer neuen Phase der
Einheit sein sollte, kann auch zum Spaltpilz werden und wird auch zu schweren Verwerfungen
führen, denn man kann diese gemeinsame Währung nur behalten, wenn man in der Finanzpolitik,
in der Sozialpolitik enger zueinander rückt und noch einmal deutlicher klärt, was
wir eigentlich mit Europa erreichen wollen.“