2012-11-30 11:00:24

Syrien: Die lebenden Krippen des Bürgerkriegs


RealAudioMP3 In der Nähe des internationalen Flughafens von Damaskus ist es am Freitagmorgen zu Kämpfen gekommen. Zeitweise war die wichtigste Zugangsstraße in die syrische Hauptstadt blockiert. Das Attentat im christlichen und drusischen Stadtviertel Jaramana vom Mittwoch hat nach kirchlichen Angaben fünfzig Menschenleben gefordert; unter ihnen seien acht griechisch-katholische und griechisch-orthodoxe Christen. Jaramana war im Unterschied zu anderen Vororten von Damaskus bisher nicht von Kämpfen betroffen. Hier waren Bürgerkomitees aktiv, die die Gegend vor dem Konflikt zwischen Rebellen und Regierung schützen sollten.

„Täglich sprechen die Nachrichten von etwa hundert oder mehr Toten“, sagt im Gespräch mit uns der Apostolische Nuntius in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari. „Leider gewöhnt man sich in der internationalen Gemeinschaft an solche Zahlen und wird erst wieder auf den Konflikt aufmerksam, wenn es zu Attentaten wie dem im Stadtviertel Jaramana kommt. Wir dürfen aber auch nicht die Lage der über anderthalb Millionen Flüchtlinge vergessen – eine Zahl, die ständig steigt –, die ihre Wohnungen verlassen mussten, die alles verloren haben und jetzt in großem Elend leben. Leider macht das mit der Zeit keine Schlagzeilen mehr!

Was kann die Kirche tun, um den vielen Opfern der syrischen Wirren zu helfen? Unser Haupt-Beitrag ist, dass wir hier präsent sind, sagt der Papst-Vertreter.

„Viele helfen den Bedürftigen, und diese Präsenz ist unglaublich wertvoll, oft wertvoller als das, was konkret an Hilfe geleistet wird, Essen oder Anziehsachen. Dasein ist eine unglaubliche Hilfe. Wir gehen jetzt auf Weihnachten zu und brauchen leider keine Krippen aufzubauen, weil wir lebende Krippen überall vor Augen haben: Kinder, die am Straßenrand geboren werden, weit von ihren Häusern entfernt, an irgendeinem Zufluchtsort. Kinder, die im Zelt geboren werden, in der Kälte, ohne Heizung, ohne Nahrung. Diese Krippe ist dieses Jahr noch realer als im letzten Jahr und wühlt uns innerlich auf. Der Herr wird hier noch immer geboren, in dieser Kälte.“

Wie lange die Kämpfe in Syrien noch dauern werden? „Schwer zu sagen“, urteilt der Erzbischof. „Man ist versucht, etwas Negatives vorherzusagen, denn nach allem, was wir um uns herum sehen, deutet nichts auf ein baldiges Ende hin, und auch nicht auf Versöhnung oder Frieden – so sehr wir auch darum beten und darauf hoffen. Die Zeichen, die wir sehen, sind leider ziemlich beunruhigend. Eine der Plagen ist die um sich greifende Kriminalität, der Zusammenbruch der Sicherheit, der Zustrom von Waffen ins Land. Es kommt immer häufiger zu Entführungen, vor allem um Geld zu erpressen. Oft wenden sich betroffene Familien in den Dörfern mit der Bitte um Hilfe an ihre Pfarrer.“

Was das Attentat im christlich-drusischen Viertel von Damaskus betrifft, hatte es wohl „das Ziel, unter den Christen Angst und Schrecken zu verbreiten - und dies ist gelungen“, sagte der in der Hauptstadt lebende Pater Romualdo Fernandez (OFM) zum vatikanischen Fidesdienst. Nach dem Attentat von Bab Touma vor einem Monat habe auch das neue Attentat, „wer auch immer die Auftraggeber waren“, „Angst verbreitet“. „Nun werden wie bereits im Irak noch mehr Christen das Land verlassen“, glaubt Pater Fernandez. „Sie geben ihr ganzes Geld für die Flucht in den Libanon oder weit weg vom Nahen Osten aus.“

(rv/fides 30.11.2012 sk)







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