Why Poverty?: „Christen haben die Pflicht, das Böse beim Namen zu nennen“
Den „Mut zur Geschwisterlichkeit“
haben: So beschreibt Papst Benedikt XVI. sein Herangehen an die Frage der Armut. Es
ist ein Herangehen, das den Menschen in den Blick nimmt, der mehr sei als nur seine
materielle und bedürftige Seite. Deswegen brauche auch die Begegnung der Armut ein
ganz-menschliches Tun. Wir haben noch einmal einige Ansprachen des Papstes zum Thema
nachgehört.
Papst Benedikt fordert nichts weniger als eine „friedliche Revolution“
ein, nicht ideologisch, sondern spirituell. Die Armut müsse bekämpft werden, vor allem
in dieser Zeit, in der Feindschaft und Neid Großmächte geworden seien. Und Christen
dürften nicht am Rand des Einsatzes für Gerechtigkeit stehen bleiben:
„Christen
haben die Pflicht, das Böse beim Namen zu nennen, die Pflicht die Werte, auf denen
die Würde des Menschen aufruht, immer wieder zur Sprache zu bringen, und die Pflicht,
die Formen der Solidarität zu fördern, die das Gemeinwohl fördern, so dass die Menschheit
immer mehr Familie Gottes werden kann.“ (Ansprache an die Stiftung Centesimus
Annus, 15 Oktober 2011)
Auf der Anklagebank sitzt ein globalisierter Egoismus,
der nur an Profit denke, so der Papst. Außerdem habe die Finanzwelt die wirkliche
Wirtschaft durch ihre Spekulationen beschädigt, so stiegen die Preise für Lebensmittel.
Entscheidungsträger in den großen Firmen seien Menschen, die sich nur nach den Interessen
der Anteilseignern richteten, nicht nach denen der Arbeiter oder anderer. Man häufe
in den reichen Ländern die Güter und Rohstoffe der armen Länder an, die Folge sei
Überfluss hier, Armut dort.
„Sind wir bereit, gemeinsam das herrschende
Entwicklungssystem einer grundlegenden Prüfung zu unterziehen, um es in aufeinander
abgestimmter und weitsichtiger Weise zu korrigieren? Das fordern – in Wirklichkeit
noch mehr als die unmittelbaren finanziellen Schwierigkeiten – der ökologische Gesundheitszustand
des Planeten und vor allem die kulturelle und moralische Krise, deren Symptome seit
langem in allen Teilen der Welt offensichtlich sind.” (Predigt am 1. Januar 2009)
Mit
Daten belegt der Papst, dass es in der Welt genug Lebensmittel für alle gibt, während
gleichzeitig viele an Hunger sterben. Sein konkreter Vorschlag: Eine Wiederbelebung
der Landwirtschaft, nicht als Nostalgie, sondern als Ressource für die Zukunft.
„Wir
müssen uns gemeinsam in Richtung eines neuen Gleichgewichtes zwischen Landwirtschaft,
Industrie und Dienstleistung aufmachen, damit die Entwicklung nachhaltig wird und
niemandem Brot, Arbeit, Luft zum Atmen und Wasser fehlt, damit die Hauptressourcen
als universales Gemeingut bewahrt bleiben.“ (Angelus, 14. November 2010)
Immer
aber weist Benedikt XVI. darauf hin, dass es nicht konkrete Maßnahmen allein seien,
die die Armut in den Griff bekommen könnten. So lägen die Gründe für die Unterentwicklung
vor allem im „Fehlen der Geschwisterlichkeit zwischen den Menschen“, unterstreicht
der Papst. Die Globalisierung lässt uns näher zueinander rücken, aber macht uns noch
nicht zu Brüdern. Er spricht von einem „internationalisierten Egoismus“ und davon,
dass die Schuldenlast der armen Länder, diese in Abhängigkeit halte. Deswegen plädiert
der Papst für das Reduzieren der Schuldenlast oder sogar für einen Schuldenschnitt.
Auch
darüber hinaus spricht sich der Papst für Maßnahmen aus, die vor allem dem Süden des
Planeten zu Gute kommen: Alle Menschen und Länder müssten freien Zugang zu den Märkten
der Welt haben, alle müssten von den Technologien und wissenschaftlichen Erkenntnissen
profitieren können, die von den reichen Ländern geschützt würden. Hier gäbe es zu
viel Schutz des Eigentums, vor allem im Gesundheitswesen.
Die industriellen
Länder fordert der Papst auf, den Waffenhandel einzustellen und das Aufkaufen der
wertvollen Metalle aus dem Süden. Es müsse vor Ort investiert werden, damit dort die
Krankheiten und die Armut bekämpft werden könnten. Besonders am Herzen liegt dem Papst
Afrika. Hilfe und Kampf gegen Armut, so der Papst, sei Teil unserer Religion.
„Der
Anblick des leidenden Menschen rührt unser Herz. Natürlich hat der karitative Einsatz
einen philanthropischen Aspekt, sicher, aber er geht über das einfach philanthropische
auch hinaus. Es ist Gott selbst, der unsere Innerstes auffordert, das Elend zu erleichtern.
Es ist Gott selbst, den wir in die leidende Welt hineinbringen. Je mehr und je klarer
wir uns dieses Geschenkes bewusst sind, desto mehr verwandelt unsere Liebe diese Welt
und entzündet neue Hoffnung: Eine Hoffnung auf diese Welt und eine Hoffnung, die über
den Tod hinaus geht und nur so eine wirkliche Hoffnung für den Menschen ist.“
(Ansprache vor Cor Unum, 23. Januar 2006)