Die israelische Holocaust-Gedenkstätte
Yad Vashem hat einen Kardinal posthum geehrt: Als „Gerechter unter den Völkern“ wurde
an diesem Montag der frühere Florentiner Erzbischof Elia Dalla Costa ausgezeichnet.
Der 1961 verstorbene Kardinal hatte nach der Besetzung Italiens durch die Deutschen
Hunderte von Juden vor der Deportation bewahrt, indem er ihnen Unterschlupf in Klöstern
bot.
„Er war vor allem ein Mann des Glaubens“, urteilt Dalla Costas Biograph,
Don Silvano Nistri. „Ein Mann des Gebets, ein Asket, ein Mann Gottes. Er nahm seine
Verantwortung wahr und zeigte großen inneren Mut.“
Dalla Costa war Sohn eines
Kommunalpolitikers, wurde in der Nähe von Vicenza geboren, als Italien sich gerade
vereinigte, arbeitete als Pfarrer direkt an der Front des Ersten Weltkriegs, wurde
dafür vom italienischen Staat ausgezeichnet. Ab 1932 war er Erzbischof in Florenz.
Als Hitler 1938 die Stadt besuchte, wusste Dalla Costa, was er zu tun hatte: „Er ließ
sein Palais verrammeln und verließ die Stadt. Es war der einzige Palazzo am Domplatz,
der geschlossen und auch nicht beflaggt war.“ Ein Christ solle „nur einem Kreuz dienen,
dem Kreuz Christi nämlich“, so erteilte der Erzbischof dem Hakenkreuz eine Abfuhr.
Er predigte gegen Mussolinis Rassengesetze an und gegen die Folter, in manchem erinnert
seine Gestalt an die des „Löwen von Münster“ Kardinal Galen.
Die Ehrung aus
Yad Vashem gilt aber der Tatsache, dass Dalla Costa ein „weitgespannten Rettungsnetzwerk“
für Juden aufbaute. „Er ließ die Tore der Klöster öffnen, um darin Menschen zu verstecken.
Im Oktober und November 1943 wandten sich viele Verfolgte an ihn mit der Bitte um
Hilfe.“ Es war der Moment, als die deutschen Truppen Italien besetzten; in Rom wurden
Mitte Oktober Hunderte von Juden aus dem Ghetto deportiert. „Dalla Costa hat damals
sofort eine Erklärung in der Kirchenzeitung veröffentlicht, wo er im Namen der Nächstenliebe
und der brüderlichen Gastfreundschaft schreibt: Machen wir uns nicht schuldig, indem
wir jetzt die Leidenden abweisen! Das führte sofort zur Gründung eines geheimen jüdisch-katholischen
Komitees, das den Schätzungen nach etwa drei- oder vierhundert Menschen helfen konnte.“
Der
mutige Erzbischof quartierte für eine Weile jüdische Flüchtlinge sogar in seinem Florentiner
Amtssitz ein, so Yad Vashem. Die Namen von „Gerechten unter den Völkern“ werden in
der Nähe der Jerusalemer Gedenkstätte in eine Mauer eingraviert. Seit 1963 wurden
schon mehr als 23.000 Menschen aus 44 Ländern in dieser Weise ausgezeichnet. Unter
ihnen ist auch der frühere Erzbischof von Lyon, Pierre-Marie Gerlier – und jetzt als
einer von über 500 Italienern Elia Dalla Costa. Seit 1981 läuft für ihn ein Seligsprechungsverfahren.