2012-11-28 11:37:21

Als Hitler kam, verließ er die Stadt


RealAudioMP3 Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat einen Kardinal posthum geehrt: Als „Gerechter unter den Völkern“ wurde an diesem Montag der frühere Florentiner Erzbischof Elia Dalla Costa ausgezeichnet. Der 1961 verstorbene Kardinal hatte nach der Besetzung Italiens durch die Deutschen Hunderte von Juden vor der Deportation bewahrt, indem er ihnen Unterschlupf in Klöstern bot.

„Er war vor allem ein Mann des Glaubens“, urteilt Dalla Costas Biograph, Don Silvano Nistri. „Ein Mann des Gebets, ein Asket, ein Mann Gottes. Er nahm seine Verantwortung wahr und zeigte großen inneren Mut.“

Dalla Costa war Sohn eines Kommunalpolitikers, wurde in der Nähe von Vicenza geboren, als Italien sich gerade vereinigte, arbeitete als Pfarrer direkt an der Front des Ersten Weltkriegs, wurde dafür vom italienischen Staat ausgezeichnet. Ab 1932 war er Erzbischof in Florenz. Als Hitler 1938 die Stadt besuchte, wusste Dalla Costa, was er zu tun hatte: „Er ließ sein Palais verrammeln und verließ die Stadt. Es war der einzige Palazzo am Domplatz, der geschlossen und auch nicht beflaggt war.“ Ein Christ solle „nur einem Kreuz dienen, dem Kreuz Christi nämlich“, so erteilte der Erzbischof dem Hakenkreuz eine Abfuhr. Er predigte gegen Mussolinis Rassengesetze an und gegen die Folter, in manchem erinnert seine Gestalt an die des „Löwen von Münster“ Kardinal Galen.

Die Ehrung aus Yad Vashem gilt aber der Tatsache, dass Dalla Costa ein „weitgespannten Rettungsnetzwerk“ für Juden aufbaute. „Er ließ die Tore der Klöster öffnen, um darin Menschen zu verstecken. Im Oktober und November 1943 wandten sich viele Verfolgte an ihn mit der Bitte um Hilfe.“ Es war der Moment, als die deutschen Truppen Italien besetzten; in Rom wurden Mitte Oktober Hunderte von Juden aus dem Ghetto deportiert. „Dalla Costa hat damals sofort eine Erklärung in der Kirchenzeitung veröffentlicht, wo er im Namen der Nächstenliebe und der brüderlichen Gastfreundschaft schreibt: Machen wir uns nicht schuldig, indem wir jetzt die Leidenden abweisen! Das führte sofort zur Gründung eines geheimen jüdisch-katholischen Komitees, das den Schätzungen nach etwa drei- oder vierhundert Menschen helfen konnte.“

Der mutige Erzbischof quartierte für eine Weile jüdische Flüchtlinge sogar in seinem Florentiner Amtssitz ein, so Yad Vashem. Die Namen von „Gerechten unter den Völkern“ werden in der Nähe der Jerusalemer Gedenkstätte in eine Mauer eingraviert. Seit 1963 wurden schon mehr als 23.000 Menschen aus 44 Ländern in dieser Weise ausgezeichnet. Unter ihnen ist auch der frühere Erzbischof von Lyon, Pierre-Marie Gerlier – und jetzt als einer von über 500 Italienern Elia Dalla Costa. Seit 1981 läuft für ihn ein Seligsprechungsverfahren.

(rv 28.11.2012 sk)







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