Von Athen bis Lissabon, von Italien bis Finnland sind Hunderttausende von Bürgern,
aus Protest gegen die Sparpolitik und besorgt um die eigene Zukunft und die ihrer
Kinder auf die Straße gegangen. In diesem Zusammenhang hat die EBU, die Einrichtung,
die Radio und Fernsehen in Europa und anderen Ländern der Erde vereint, für den kommenden
29. November einen Tag der Sensibilisierung für das Thema „Warum Armut?" ausgerufen.
Eine Mobilisierung, die die Ausstrahlung von TV-Dokumentationen, Radiosendungen, Initiativen
im Internet und in sozialen Netzwerken vorsieht, zu denen in den diesen Wochen auch
Radio Vatikan seinen Beitrag leisten wird. Von Pietro Cocco, Journalist bei Radio
Vatikan.
Natürlich ist die Krise nicht nur wirtschaftlich. Sie beinhaltet
das Gesellschaftsmodell, die Ethik der individuellen und gemeinschaftlichen Beziehungen.
Es ist eine Krise, die die führenden Klassen und die Arbeitswelt in Frage stellt,
Politiker und Zivilgesellschaft, Kirchen und Glaubensgemeinschaften anderer Religionen.
Mit unerwarteten Folgen. Von allen bedarf es in gleichen Maßen eine Übernahme von
Verantwortung, die in drei Schlüsselworten zusammengefasst werden könnte: Einfachheit,
Gerechtigkeit, Nächstenliebe.
Es wird immer deutlicher, dass es die individuellen
und gemeinschaftlichen Vorgehensweisen sind, die die Entscheidungen der Politik, der
Wirtschaft und der Verwaltungen begünstigen. Aus diesem Grund werden heutzutage die
Kommunikationsmittel genutzt, um diese Vorgehensweisen auszurichten. Die Einfachheit
appelliert an den Respekt für die Würde der Personen, so wie an materielle Ressourcen,
an die Fairness in ihrem Ziel, zum Wohle aller und nicht nur des einzelnen einzusetzen. Wenn
wir uns die Zahlen anschauen, sprechen die Daten für sich. In Europa schätzt man,
dass es 80 Millionen Menschen sind, die in Armut leben, mehr als 16% der Bevölkerung.
Der größte Teil sind Frauen und 20 Millionen Kinder.(*1)
Es ist daher notwendig,
der Gerechtigkeit wieder Platz zu schaffen „jene, die veranlasst ist, dem anderen
das zu geben, was das ihre ist, was ihm aufgrund seines Wesens oder seine Handelns
gebührt", wie Benedikt XVI. in der Enzyklika Caritas in Veritate zur ganzheitlichen
menschlichen Entwicklung schrieb. Die Arbeitslosigkeit steigt unter den jungen Menschen,
unter den Immigranten und gering qualifizierten Menschen. Es ist nicht nur ein ökonomisches
Problem. (*2) Sie entzieht diesen Menschen ihren Platz in der Gesellschaft, unterdrückt
ihren möglichen Beitrag zum Wachstum ihrer jeweiligen Länder und hindert sie daran
Gründer ihrer eigenen Zukunft und ihrer eigenen Familien zu sein. In dieser blockierten
Situation, wie es die italienischen Bischöfe schrieben, riskiert man „den Zorn der
Aufrichtigen zu nähren, die durch den Schrei der Ausgeschlossenen begleitet werden,
und zwar von denen, die sich heute im Wesentlichen ausgeschlossen von der Gesellschaft,
wortlos, ungehört fühlen “.
Die Europäische Union hat seine Plattform gegen
Armut und soziale Ausgrenzung benannt, ein europäischer Rahmen für den sozialen und
territorialen Zusammenhalt. Da es sich um Männer und Frauen handelt, fügen wir in
diesem Zusammenhang hinzu, dass die Nächstenliebe als von grundlegender Bedeutung
in menschlichen Beziehungen anerkannt werden kann, auch öffentlicher Natur, um die
Hoffnung zu motivieren und die Beteiligung aller zu stimulieren. Wie uns Benedikt
XVI. erinnert, die „Stadt des Menschen" wird nicht nur durch Beziehungen von Rechten
und Pflichten gefördert, sondern noch mehr und vor allem durch Beziehungen der Unentgeltlichkeit,
Barmherzigkeit und der Gemeinschaft. Die gleiche Entwicklung der Völker hängt vor
allem davon ab, anzuerkennen, eine einzige Familie zu sein, die in wahrer Gemeinschaft
zusammenarbeitet und die aus Menschen besteht, die nicht einfach nebeneinander leben.
Pietro
Cocco, Journalist von Radio Vatikan
Fußnoten 1 - Der höchste
Prozentsatz der Menschen, die von „Armut und sozialer Ausgrenzung" bedroht sind in
Bulgarien (41,6%), Rumänien (41,4%), Lettland (38,1%), Litauen (33,4%), Ungarn und
Irland (29,9%), Griechenland (27,7%), Spanien (25,5%) und Italien (24,5%) zu verzeichnen. Um
den europäischen Rahmen noch zu verschlimmern, gibt es zudem 22% derjenigen, die arbeiten
und von Armut bedroht sind oder in Haushalten leben, die wie folgt definiert sind
„mit sehr niedriger Erwerbstätigkeit." Hier sind die am stärksten gefährdeten Länder
Irland (22,9%), gefolgt von Großbritannien (13,1%), Belgien (12,6%), Lettland (12,2%),
Deutschland (11,1%), Dänemark (10,3%) und Italien (10,2%). Man kann auch
nicht die Tatsache ignorieren, dass dieses Problem eine direkte Auswirkung auf bedingte
Kürzungen auf Mittel für Aus- und Weiterbildung hat.
2 - Der EU-Durchschnitt
der Jugendarbeitslosigkeit beträgt 21,4%, ist aber in elf Ländern höher als 25%.