2012-11-19 10:32:09

Armut und soziale Ausgrenzung in Europa


Von Athen bis Lissabon, von Italien bis Finnland sind Hunderttausende von Bürgern, aus Protest gegen die Sparpolitik und besorgt um die eigene Zukunft und die ihrer Kinder auf die Straße gegangen. In diesem Zusammenhang hat die EBU, die Einrichtung, die Radio und Fernsehen in Europa und anderen Ländern der Erde vereint, für den kommenden 29. November einen Tag der Sensibilisierung für das Thema „Warum Armut?" ausgerufen. Eine Mobilisierung, die die Ausstrahlung von TV-Dokumentationen, Radiosendungen, Initiativen im Internet und in sozialen Netzwerken vorsieht, zu denen in den diesen Wochen auch Radio Vatikan seinen Beitrag leisten wird. Von Pietro Cocco, Journalist bei Radio Vatikan.

Natürlich ist die Krise nicht nur wirtschaftlich. Sie beinhaltet das Gesellschaftsmodell, die Ethik der individuellen und gemeinschaftlichen Beziehungen. Es ist eine Krise, die die führenden Klassen und die Arbeitswelt in Frage stellt, Politiker und Zivilgesellschaft, Kirchen und Glaubensgemeinschaften anderer Religionen. Mit unerwarteten Folgen. Von allen bedarf es in gleichen Maßen eine Übernahme von Verantwortung, die in drei Schlüsselworten zusammengefasst werden könnte: Einfachheit, Gerechtigkeit, Nächstenliebe.

Es wird immer deutlicher, dass es die individuellen und gemeinschaftlichen Vorgehensweisen sind, die die Entscheidungen der Politik, der Wirtschaft und der Verwaltungen begünstigen. Aus diesem Grund werden heutzutage die Kommunikationsmittel genutzt, um diese Vorgehensweisen auszurichten. Die Einfachheit appelliert an den Respekt für die Würde der Personen, so wie an materielle Ressourcen, an die Fairness in ihrem Ziel, zum Wohle aller und nicht nur des einzelnen einzusetzen.
Wenn wir uns die Zahlen anschauen, sprechen die Daten für sich. In Europa schätzt man, dass es 80 Millionen Menschen sind, die in Armut leben, mehr als 16% der Bevölkerung. Der größte Teil sind Frauen und 20 Millionen Kinder.(*1)

Es ist daher notwendig, der Gerechtigkeit wieder Platz zu schaffen „jene, die veranlasst ist, dem anderen das zu geben, was das ihre ist, was ihm aufgrund seines Wesens oder seine Handelns gebührt", wie Benedikt XVI. in der Enzyklika Caritas in Veritate zur ganzheitlichen menschlichen Entwicklung schrieb. Die Arbeitslosigkeit steigt unter den jungen Menschen, unter den Immigranten und gering qualifizierten Menschen. Es ist nicht nur ein ökonomisches Problem. (*2) Sie entzieht diesen Menschen ihren Platz in der Gesellschaft, unterdrückt ihren möglichen Beitrag zum Wachstum ihrer jeweiligen Länder und hindert sie daran Gründer ihrer eigenen Zukunft und ihrer eigenen Familien zu sein. In dieser blockierten Situation, wie es die italienischen Bischöfe schrieben, riskiert man „den Zorn der Aufrichtigen zu nähren, die durch den Schrei der Ausgeschlossenen begleitet werden, und zwar von denen, die sich heute im Wesentlichen ausgeschlossen von der Gesellschaft, wortlos, ungehört fühlen “.

Die Europäische Union hat seine Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung benannt, ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt. Da es sich um Männer und Frauen handelt, fügen wir in diesem Zusammenhang hinzu, dass die Nächstenliebe als von grundlegender Bedeutung in menschlichen Beziehungen anerkannt werden kann, auch öffentlicher Natur, um die Hoffnung zu motivieren und die Beteiligung aller zu stimulieren. Wie uns Benedikt XVI. erinnert, die „Stadt des Menschen" wird nicht nur durch Beziehungen von Rechten und Pflichten gefördert, sondern noch mehr und vor allem durch Beziehungen der Unentgeltlichkeit, Barmherzigkeit und der Gemeinschaft. Die gleiche Entwicklung der Völker hängt vor allem davon ab, anzuerkennen, eine einzige Familie zu sein, die in wahrer Gemeinschaft zusammenarbeitet und die aus Menschen besteht, die nicht einfach nebeneinander leben.


Pietro Cocco, Journalist von Radio Vatikan


Fußnoten
1 - Der höchste Prozentsatz der Menschen, die von „Armut und sozialer Ausgrenzung" bedroht sind in Bulgarien (41,6%), Rumänien (41,4%), Lettland (38,1%), Litauen (33,4%), Ungarn und Irland (29,9%), Griechenland (27,7%), Spanien (25,5%) und Italien (24,5%) zu verzeichnen.
Um den europäischen Rahmen noch zu verschlimmern, gibt es zudem 22% derjenigen, die arbeiten und von Armut bedroht sind oder in Haushalten leben, die wie folgt definiert sind „mit sehr niedriger Erwerbstätigkeit." Hier sind die am stärksten gefährdeten Länder Irland (22,9%), gefolgt von Großbritannien (13,1%), Belgien (12,6%), Lettland (12,2%), Deutschland (11,1%), Dänemark (10,3%) und Italien (10,2%).
Man kann auch nicht die Tatsache ignorieren, dass dieses Problem eine direkte Auswirkung auf bedingte Kürzungen auf Mittel für Aus- und Weiterbildung hat.

2 - Der EU-Durchschnitt der Jugendarbeitslosigkeit beträgt 21,4%, ist aber in elf Ländern höher als 25%.







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