Papst an Einheitsrat: „Es braucht die volle, sichtbare Einheit“
Der ökumenische Weg
muss die volle Einheit zum Ziel haben, und die Ökumene ist zugleich die Voraussetzung
für eine glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums in der Gegenwart. Darauf hat Benedikt
XVI. an diesem Donnerstag vor Vertretern des päpstlichen Einheitsrates und vor dem
vatikanischen Ökumene-Verantwortlichen Kardinal Kurt Koch hingewiesen. Das Ziel der
Ökumene, die sichtbare Einheit, dürfe nie aus den Augen verloren werden, erinnerte
der Papst:
„Es ist eine positive Realität, gemeinsam auf diesem Weg voranzuschreiten
– aber unter der Bedingung, dass die Kirchen und die kirchlichen Gemeinschaften nicht
unterwegs stehen bleiben und die sich widersprechenden Verschiedenheiten als etwas
normales oder das Besterreichbare akzeptieren. Die gegenwärtige und wirksame Kraft
Gottes in der Welt zeigt sich hingegen in der vollen Einheit des Glaubens, der Sakramente
und des Amtes. Durch die sichtbare Einheit der Jünger Jesu, einer menschlich nicht
erklärbaren Einheit, lässt sich das Handeln Gottes erkennen, das die Zersetzungstendenz
der Welt überwindet.“
Die letzte Einheit komme von Gott, führte der Papst
aus. Auf sie gelte es zuzugehen, für sie gelte es zu beten, denn die Spaltung sei
ein „Skandal“ und widerspreche Christi Willen. Die Verkündigung des Evangeliums sei
dabei das Bindeglied aller christlichen Konfessionen, ein „Imperativ“, der alle Christen
– „trotz der heute unvollständigen kirchlichen Gemeinschaft“ – vereine. Auf der laufenden
Vollversammlung des päpstlichen Einheitsrates geht es um die Bedeutung der Ökumene
für die Neuevangelisierung. Schon die Konzilsväter des Zweiten Vatikanums hätten diesen
Zusammenhang betont, so Benedikt XVI.. Und er führte aus:
„Die Einheit ist
auf der einen Seite die Frucht des Glaubens und auf der anderen Seite ein Mittel und
fast eine Bedingung dafür, auf immer glaubwürdigere Weise den Glauben denen zu verkünden,
die den Erlöser noch nicht kennen oder die, obwohl sie die Verkündigung des Evangeliums
gehört haben, dieses kostbare Gute fast vergessen haben.“
Der Einsatz der
Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften für eine erneuerte Verkündigung sei ein „Hoffnungszeichen“,
so der Papst. Die Ökumene dürfe die Glaubenskrise nicht ignorieren, die sich heute
in weiten Teilen der Welt – darunter den Stammländern des Christentums – bemerkbar
mache. Ebenso wenig könne man das große Bedürfnis nach Spiritualität, „das sich auf
verschiedene Weise manifestiert“, verkennen, so der Papst, der daraus einen Appell
für die Christen ableitet:
„Die spirituelle Armut vieler unserer Zeitgenossen,
die sie nicht mehr als Entbehrung, als Abwesenheit Gottes aus ihrem Leben empfinden,
stellt eine Herausforderung für alle Christen dar. In diesem Kontext wird von uns
an Christus Glaubenden verlangt, zur Essenz, zum Herzen unseres Glaubens zurückzukehren,
um gemeinsam gegenüber der Welt den lebendigen Gott zu bezeugen. Einen Gott, der uns
kennt und liebt, in dessen Blick wir leben, einen Gott, der die Antwort unserer Liebe
im Leben eines jeden Tages erwartet.“
Ökumene und Neuevangelisierung bräuchten
beide die Umkehr, erinnerte er weiter. Der Papst hofft in diesem Zusammenhang, dass
das Jahr des Glaubens zum ökumenischen Fortschritt beitragen kann.