Kurz nach der umstrittenen Zustimmung der französischen Regierung zum Gesetzesprojekt
für die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern hat der Osservatore Romano
die Franzosen dazu aufgefordert, sich genug Zeit zur Reflexion und Debatte vor
der Durchführung dieser „anthropologischen Revolution“ zu geben. In einem Editorial
mit dem Titel „Der Mut zum abweichenden Gedanken“ betont die Journalistin Luccetta
Scaraffia, dass die Debatte eröffnet sei und die Kirche nicht die einzige Institution
sei, „die diesem Gesetz gegenüber Zweifel anmeldet“. Auch andere hätten sich öffentlich
gegen das Gesetz ausgesprochen, nicht nur Philosophen, Psychoanalysten und Juristen,
sondern auch Politiker aller Lager. Die Diskussion, die sich in allen Gesellschaftsbereichen
entwickle, zeige, dass die Kirche nicht der Feind der Modernität sei, wie gewisse
Kritiker aufzeigen wollten, sondern dass sie vielmehr der Verteidigung der Menschlichkeit
diene und in der Lage sei, die Menschen vor schlechten Entscheidungen zu warnen. Frankreichs
Justizministerin Christiane Taubira hatte am Mittwoch das Gesetzesprojekt vor der
Presse präsentiert. Es soll, einem Wahlversprechen des neuen sozialistischen Präsidenten
Francois Hollande entsprechend, die Partnerschaft von zwei Partnern desselben Geschlechts
rechtlich voll mit der Ehe gleichstellen.