Fünfzig Jahre Konzil?
Ja, aber nicht nur: Auch der vatikanische Pressesaal feiert in diesen Tagen fünfzigjähriges
Jubiläum. Da merkt man schon, dass das eines der ersten konkreten „Aggiornamenti“
im Vatikan war, die das Konzil mit sich brachte. Kardinal Cicognani weihte am 5. Oktober
1962 – also ein paar Tage vor Beginn des Konzils – ein Konzilspressebüro ein; auf
einem Foto erkennt man ein kleines Zimmer voller Tische mit klobigen Schreibmaschinen.
17. Oktober 62: Die Nachrichtenagentur kathpress meldet „Fortschritt in der Pressepolitik
des Konzils“. Zitat: „Die zahllosen Kritiken und Beschwerden über die schlechte
Informationspolitik des Konzilspresseamtes haben einen ersten Erfolg gezeitigt. Neuerdings
dürfen die Leiter der sieben Sprachgruppen im Konzilspressebüro an den Generalkongregationen
des Konzils teilnehmen; die direkte Initiative dazu ging von einem internationalen
Kreis katholischer Journalisten in Rom aus.“
„Das Konzil hatte Flitterwochen
zwischen dem Heiligen Stuhl und der Medienwelt begonnen – die wurden 1968 brüsk unterbrochen“,
erzählt bemerkenswert offen der „Osservatore Romano“ an diesem Mittwoch. Im Mai 1986
richtet Papst Johannes Paul II. dann den Vatikanischen Pressesaal in seiner heutigen
Form ein.
„Der Papst half mir sehr, wenn ich irgendwelche Zweifel bei irgendeinem
Thema hatte“, berichtet der Spanier Joaquin Navarro-Valls, erster Laie an der
Spitze des Pressesaals. „Ich hatte Zugang zum Papst, und in ein paar Minuten hatten
wir uns immer auf eine Lösung geeinigt, ich konnte das an die Presse geben. Auch als
Kardinal Ratzinger zum Papst gewählt wurde, ging die gute Arbeit weiter; wir hatten
häufig Kontakt, und die Leute nahmen die Meldungen mit großem Interesse auf.“
Der
Pressesaal liegt außerhalb des Vatikans, an der Via della Conciliazione kurz vor dem
Petersplatz. Hinein kommen nur beim Heiligen Stuhl akkreditierte Journalisten. Ihr
Ziel: das tägliche Neuigkeiten-Bulletin, das um 12 Uhr am Eingang ausliegt. Oder,
im modern-gediegenen Johannes-Paul-Saal, ein Presse-Briefing, wie es sie immer häufiger
gibt. Links von diesem Saal ein Raum mit Arbeitsplätzen für die Journalisten: Computer,
Kabel, gekrümmte Rücken, das Knöchelgeklapper auf den Tastaturen.
„Ich war
immer der Ansicht, Journalismus bedeutet, eine Wahrheit zu vermitteln“, erklärt
Navarro. „Wenn der Journalist das, was er weitergibt, selber nicht für wahr hält,
dann macht er nicht Journalismus, sondern Propaganda.“ Heute leitet der Jesuitenpater
Federico Lombardi den Pressesaal: ein geduldiger Zuhörer, dem der pompöse Auftritt
nicht liegt.
„Der Pressesaal ist auch heute eine wichtige Einrichtung für
die Beziehung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Welt der Kommunikation. Sowas wie
eine offene Tür, Kommunikation in zwei Richtungen: die Fragen, die reinkommen, die
Antworten, die die Insitution gibt. Im Augenblick sind mehr als vierhundert Zeitungen,
Fernseh-, Radiostationen usw. bei uns akkreditiert; der Austausch mit ihnen ist oft
sehr interessant auch für mich, das macht auf die Problematiken aufmerksam, wie die
Leute sie erleben.“
Lombardi hatte als Leiter des Pressesaals keine Schonfrist:
Kaum war er bestellt, brach der Skandal um die sogenannte Regensburger Rede von Papst
Benedikt los, und dann ging das so weiter: Missbrauchsskandale, Vatileaks und und
und. „Ich habe viel erlebt in diesen Jahren. Ich stelle fest: Die Erwartungen an
kirchlicher Transparenz steigen immer mehr. Kirchlicher Umgang mit Missbrauchsfällen
oder Finanzgebaren des Heiligen Stuhls bleiben auch langfristig wichtige Themen. An
einem Ort wie dem Pressesaal merkt man, dass, wenn die Kirche keine Erklärungen und
Antworten gibt, sehr bald Gerüchte und negative Meinungen über die Kirche aufkommen.“