An diesem Freitag
ist Allerseelen – der Tag, an dem die katholische Kirche besonders der Verstorbenen
gedenkt. In den ‚Trauermonat November’ fällt auch der Gedenktag für die Opfer des
Holocaust am Freitag in einer Woche. Das Kölner Domradio hat darüber mit Dieter Graumann,
dem Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, gesprochen. Graumann selbst
hat den Holocaust nicht miterlebt, aber seine Eltern. Auch die zweite Generation sei
noch stark von dem Völkermord an den Juden, der ‚Shoah’ geprägt:
„Ich bin
ja mit Shoah-Geschichten aufgewachsen so wie andere Kinder mit Grimms Märchen, nur
- meine waren wahr und ohne Happy End, ich kannte sie genau. Und deshalb haben wir
immer gespürt: Wir müssen versuchen, den Eltern irgendwie zu ersetzen, was sie verloren
haben. Das war schon schwierig für uns Kinder, so aufzuwachsen. Auf der anderen Seite
kannten wir es nicht anders, und darum haben wir uns in die Rolle hineingefügt - aber
es war schon eine schwierige Rolle.“
Graumann hofft, dass sich das in Zukunft
ändert:
„Das ist ja ein großes Anliegen von mir, dass wir die Shoah als
Juden bestimmt nie vergessen, ganz sicher nicht, aber dass wir uns davon nicht heute
noch gefangennehmen lassen, sondern dass wir sagen: Wir dürfen nicht nur in der Vergangenheit
und in unseren Katastrophen leben, sondern ganz im Gegenteil. Wir müssen die Zukunft,
die uns jetzt hier in Deutschland zuwächst, auch aktiv und kreativ gestalten mit einem
Stück Leidenschaft und Begeisterung. Genau das will ich tun!“
Der Präsident
des Zentralrats der Juden in Deutschland äußerte sich in dem Gespräch auch zum Verhältnis
von katholischer Kirche und Judentum. Da habe sich in jüngerer Zeit viel getan:
„Es
gibt einige Punkte, wo wir differieren: Denken Sie an die Piusbrüder oder die mögliche
Seligsprechung von Papst Pius XII., das ist der nächste Stolperstein, der drohen könnte.
Aber alles zusammen ist es doch erheblich besser geworden, und bei unserer Begegnung
mit dem Papst im letzten Jahr habe ich festgestellt, dass wir eine ganz neue Nähe
und Freundschaft entwickelt haben. Ich muss sogar sagen: Wir Juden waren mit unserer
Begegnung mit dem Papst viel mehr zufrieden als die Protestanten mit ihrer Begegnung
mit dem Papst! Und das kann man auch nicht jeden Tag behaupten.“