Benedikt XVI.: „Glaube ist nur persönlich, wenn er gemeinschaftlich ist“
Bei bedecktem Himmel
und niedrigen Temperaturen hat der Papst an diesem Mittwoch bei der Generalaudienz
auf dem Petersplatz seine Katechesereihe über den Glauben fortgeführt. Dabei fand
er deutliche Worte für den ausufernden Individualismus der heutigen Zeit, der auch
den Glauben betreffe – denn wenn der Glaube in die Privatsphäre verbannt werde, widerspreche
dies der Natur des Glaubens selbst: „Heute möchte ich von den Fragen ausgehen,
ob der Glaube nur etwas Persönliches und Individuelles ist und ob wir ihn nur alleine
leben. Ein Akt des Glaubens, der Richtungsänderung und Umkehr in unserem Leben ausdrückt,
ist gewiss etwas Persönliches. Aber der Glaube, der in der Taufliturgie mit den Worten
„Ich glaube“ bekannt wird, ist nicht das Ergebnis eigener Überlegungen. Ich kann meinen
Glauben nicht auf das private Gespräch mit dem Herrn bauen, sondern er wird mir von
Gott durch die Gemeinschaft der Kirche gegeben. Unser Glaube kann nur dann wirklich
persönlich sein, wenn er gemeinschaftlich ist.”
Zwar sage man im „Credo“:
„Ich glaube“ und nicht: „Wir glauben“. Doch das „Ich” gehe in der Kirche in einem
Chor des „Wir“ auf und könne sich auf diese Weise gleichzeitig als Adressat wie auch
als Hauptdarsteller eines Ereignisses verstehen, das weit über den Einzelnen hinausgehe,
nämlich die Erfahrung der Gemeinschaft mit Gott, die an der Basis der Gemeinschaft
der Menschheit liege. Dies, so Papst Benedikt weiter, werde bereits im Katechismus
der Katholischen Kirche deutlich, in dem klar gesagt werde, dass ‚Glauben’ ein kirchlicher
Akt sei. Niemand könne Gott zum Vater haben, ohne nicht die Kirche zur Mutter zu haben,
zitierte er den Kirchenvater Cyprian (KKK 181), denn: „Der Glaube beginnt in
der Kirche, führt zu ihr und lebt in ihr. Und die Kirche ist auch der Ort seiner Weitergabe.
Es gibt ein ununterbrochenes Band des kirchlichen Lebens, der Verkündigung des Wortes
Gottes und der Feier der Sakramente, das von den Aposteln bis zu uns reicht und das
wir Tradition nennen. Sie ist dafür die Garantie, dass wir wirklich den Glauben des
Ursprungs, den Glauben der Apostel glauben, so wie wir ihn vom Herrn selbst empfangen
haben und in dieser großen Gemeinschaft stehen, die Himmel und Erde, alle Orte und
Zeiten umfasst und damit wirklich im Glauben Gott anrühren dürfen.”
In
seinem Gruß an die deutschsprachigen Pilger betonte der Papst nochmals, dass die Gemeinschaft
der Kirche unabdingbar dafür sei, den Glauben in seiner vollen Entfaltung zu leben:
„Mit Freude begrüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. In
einer Welt, in der oft der Individualismus die Beziehungen zwischen den Menschen bestimmt,
bleibe uns stets bewusst, dass unser Glaube keine Privatsache ist. Wir brauchen die
Kirche, damit wir im Glauben gestärkt werden und die Gaben Gottes empfangen können.
Bitten wir Gott, er möge uns helfen, immer im „Wir“ der Kirche zu glauben.”