2012-10-30 14:12:02

Unübertroffen: 500 Jahre Deckenfresken in der Sixtinischen Kapelle


RealAudioMP3 Großes Jubiläum für die Sixtinische Kapelle: Michelangelo Buonarrotis Deckenfresken werden am Mittwoch 500 Jahre alt. Am 31. Oktober 1512 präsentierte der toskanische Künstler Papst Julius II. sein Werk, der ihn mit der Gestaltung der Kapelle beauftragt hatte. Das Fresko stellt die Anfänge der Welt und der Heilsgeschichte dar; mit dem „Jüngsten Gericht“ fügte Michelangelo ihm Jahre später ein weiteres Meisterwerk hinzu. Papst Benedikt XVI. wird die Sixtinische Kapelle am Mittwochabend besuchen und das Jubiläum in besonderer Weise begehen, erzählt uns der Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci:

„Der Papst wird in die Sixtinische Kapelle zurückkehren und genau die Gesten wiederholen, die sein Vorvorgänger Papst Julius II. fünf Jahrhunderte zuvor, am Vorabend vor Allerheiligen, ausführte. Er wird die Vespergebete sprechen, genau wie es Julius II. am 31. Oktober 1512 tat. Das ist eine Geste von hoher spiritueller und symbolischer Bedeutung, die ganz im Zeichen des Gebetes steht: Ein römischer Papst, 500 Jahre später, wiederholt dieselben Gesten in der Sixtinischen Kapelle.“

Drei Päpste sind mit der Sixtinischen Kapelle und Michelangelos Fresken eng verknüpft. Der Vorgänger von Julius II., Papst Sixtus IV., auf den der Name „Sixtinische Kapelle“ zurückgeht, ließ sie errichten und weihte sie am 15. August 1483 ein. Dazu Paolucci:

„Er hat seinen Architekten Baccio Pontelli gebeten, die genauen Maße des verlorenen Tempels in Jerusalem zu reproduzieren. Die Kapelle sollte der neue Tempel sein, eine neue Brücke zwischen Gott und dem christlichen Volk. Sixtus IV. rief zwischen 1481 und 1482 die besten italienischen Künstler seiner Zeit zusammen – Sandro Botticelli, Domenico Ghirlandaio, Luca Signorelli, Pietro Perugino – und hat die Wände mit Geschichten aus dem Leben Jesu an der Nordwand und Geschichten aus dem Leben Mose auf der Südwand bemalen lassen.“

Als Sixtus‘ Nachfolger Papst Julius II. schließlich den jungen Michelangelo 1508 mit der Gestaltung des Tonnengewölbes beauftragte, dachten Neider des aufstrebenden Künstlers, er würde sich mit diesem Projekt übernehmen. Sie irrten gewaltig. Paolucci:

„Michelangelo hat auf radikale Weise die Ausdrucksmittel erneuert, darin liegt seine Größe. Wenn man in die Sixtinische Kapelle hineinkommt und die Fresken der anderen großen Künstler an den Wänden sieht – Botticelli, Perugino, Ghirlandaio, die größten Künstler der Renaissance – und dann den Blick zur Decke erhebt, versteht man, dass es da einen enormen Unterschied gibt. Nur 30 Jahre waren vergangen, es scheint aber, als ob 300 vergangen wären.“

Daran liegt für Paolucci die Größe von Michelangelo. Ein „neuer Michelangelo“ müsste „einen Stil erfinden, den es noch nicht gibt, die Ausdrucksformen komplett erneuern – unvorstellbar“, so das Urteil des Kunsthistorikers. Auf Veranlassung des Konzilspapstes von Trient, Papst Paul III., vollendete Michelangelo schließlich die Sixtinische Kapelle.

„Michelangelo ist schon ein alter Mann. In Italien, Europa ist alles Mögliche passiert, Religionskriege, die Reform usw. Und dieser Papst bittet Michelangelo, die letzte Wand zu bemalen - das Jüngste Gericht. Michelangelo folgt seiner Bitte und malt das Jüngste Gericht zwischen 1536 und 1541.“

Benedikt XVI. setze diesen Dialog von Kunst und Kirche fort, wenn er vom „Weg der Schönheit“ als Weg zum Glauben spreche, so Paolucci:

„Er hat dieses wunderschöne Bild auf Latein erfunden, die ,via pulchritudinis‘, der ,Weg der Schönheit‘. Benedikt XVI. sagt, es gibt einen Weg, um zum Absoluten zu kommen, der selbst wichtiger ist als Philosophie, Theologie und Spekulation: die Kontemplation der Schönheit. Die Schönheit hat Flügel, die uns über die Reflexion selbst hinaustragen.“

Die Sixtinische Kapelle ist weitaus mehr als einfach ein „Ort der Kunst“, betont Paolucci. Sie sei ein Herzstück, ein symbolischer Ort der katholischen Kirche. Die prachtvolle Kapelle, in der auch das Konklave zur Papstwahl stattfindet, ist zudem eines der meistbesuchten touristischen Ziele des Christentums. Rund fünf Millionen Besucher seien es im Jahr, an manchen Tagen kämen 15-20.000 Besucher täglich, gibt der Museumsdirektor an. Im Jubiläumsjahr wolle man unter anderem etwas für den Schutz der Fresken tun: Staub, Schweiß und Kohlendioxid setzen den Kunstwerken zu. Deshalb wollen die Vatikanischen Museen eine neue Klimaanlage in die Kapelle einbauen. Dazu Paolucci:

„Sie soll die Umgebungstemperatur kontrollieren, Staubpartikel und Schadstoffe bekämpfen und vor allem die Temperatur und Feuchtigkeit konstant halten. Wir arbeiten gerade an der Definition des Projektes, das dann auf einer Pressekonferenz präsentiert werden wird, sobald es fertig ist. Die Kosten werden ohne Sponsoren vom Vatikan selbst getragen.“

Übrigens: Nächstes Highlight in der Sixtinischen Kapelle nach der Papstvesper ist ein Konzert des Päpstlichen Chors der Sixtinischen Kapelle unter der Leitung von Massimo Palombella am 11. November: Aufgeführt wird - in privater Form - die „Missa Anno Santo“ des Papstbruders Georg Ratzinger.

(rv/or/kipa 30.10.2012 pr)








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