Kurienbischof: „Es gibt Finanzwesen und Finanzwesen“
Es braucht ein globales
Finanzwesen im Dienste des Gemeinwohls. Daran hat jetzt der Sekretär des Päpstlichen
Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Kurienbischof Mario Toso, erneut erinnert. Auch
in Zeiten der Krise verteufele die katholische Kirche den Bereich der Wirtschaft und
des Bankenwesens nicht, stellte Toso im Gespräch mit unseren italienischen Kollegen
klar. Allerdings müssten wirtschaftliche Produktion und Geldgeschäfte immer einen
positiven Nachklang in der Gesellschaft haben: Geschäfte ohne Innovation für den Menschen,
ohne die Sicherung von Arbeitsplätzen und einen Nutzen für das Gemeinwohl seien egoistisch.
Toso:
„Es gibt Finanzwesen und Finanzwesen. Es gibt ein gutes Finanzwesen
und es gibt ein autoreferentielles Finanzwesen, das hauptsächlich nur an sich selbst
denkt und sich nicht in den Dienst der tatsächlichen Wirtschaft der Unternehmen, der
Familien und der lokalen Gemeinschaften stellt. Wir sehen in der Tat, dass es ein
Finanzwesen gibt, das in schnellstmöglicher Zeit aus allem Gewinn schlagen will, auch
aus Allgemeingütern wie Wasser und dem Schutz der Umwelt. Die kirchliche Soziallehre
lädt das Finanzwesen dazu ein, wieder in all seinen Komponenten ein funktionelles
Instrument zur besten Produktion von Reichtum und Entwicklung zu sein.“
Statt
schnellem Gewinn brauche es nachhaltiges Wirtschaften, so der Appell. Weiter erinnert
der Sekretär des Päpstlichen Friedensrates an den Nutzen einer Finanztransaktionssteuer,
für die sich der Vatikan starkmacht. Die EU-Kommission hat vor wenigen Tagen grünes
Licht für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer gegeben; sie soll allerdings
nur für eine Gruppe von EU-Ländern gelten, darunter Deutschland. Dazu Toso:
„Der
Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden schlägt eine Besteuerung der Transaktionen
vor - vor allem bestimmter Transaktionen -, und zwar aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit.
Man kann einfach nicht verstehen, warum ein großer Teil der Wirtschaftswelt eine starke
Besteuerung erfährt, während bemerkenswerte Teile des Finanzmarktes – vor allem die,
die mit ungeregelten, finanziellen Spekulationen zu tun haben – nicht von einer Besteuerung
berührt sein sollen und warum eine solche Steuer dann nicht zum Gemeinwohl beitragen
könnte.“
Die EU erhofft sich von einer solchen Steuer freilich vorrangig
die Möglichkeit, die Bankenbranche an den Kosten des Kampfes gegen die Schuldenkrise
zu beteiligen. Das Eindämmen von Börsenturbulenzen ist ein zweites Ziel der Maßnahme.
Insgesamt soll die Steuer zu einem stabileren Finanzsektor und zu einer Stärkung des
Binnenmarktes beitragen – auch wenn sie bislang nicht EU-weit angewendet werden wird.
Neben Deutschland haben auch Frankreich, Portugal, Belgien, Österreich, Slowenien,
Griechenland, Italien, Spanien und die Slowakei ihre Beteiligung bei der Kommission
für die Finanztransaktionssteuer angekündigt.