Benedikt XVI.: Auf der Entdeckungsreise des Glaubens
Die katholische Kirche
muss sich besonders um jene Getaufte bemühen, die sich vom Glauben abgewendet haben.
Das betonte der Papst bei der Abschlussmesse zur Weltbischofssynode im Vatikan. Es
gehe darum diese Menschen sowohl mit der bisherigen Seelsorge als auch mit neuen kreativen
Methoden anzusprechen, sagte der Papst bei der Predigt. Die Kirche müsse ihnen wieder
Freude am Glauben vermitteln. Mit dem Gottesdienst in der Petersbasilika schließt
die dreiwöchige Versammlung ihre Arbeiten ab. 262 Bischöfe sowie 140 Experten und
Berater nahmen an der 13. Ordentlichen Versammlung der Bischofssynode teil. Zentrales
Thema der Gespräche waren Fragen der Neuevangelisierung.
In seiner Predigt
ging der Papst mit dem Evangelium des 30. Sonntags im Jahreskreis (Mk 10, 46-52) auf
die Heilung des blinden Bartimäus ein. Das gesamte Markusevangelium sei ein Weg des
Glaubens, der sich schrittweise unter der Anleitung Jesu entfalte, so der Papst. Der
blinde Bartimäus stehe für den Menschen, der das Licht Gottes, das Licht des Glaubens
brauche, um die Realität wirklich zu erkennen und auf dem Weg des Lebens zu gehen,
so der Papst.
„Es ist wesentlich, sich die eigene Blindheit, den Bedarf
an diesem Licht einzugestehen, sonst bleibt man für immer blind (vgl. Joh 9,39-41).
Bartimäus wird also an diesem strategischen Punkt der Erzählung als Modell vorgestellt.
Er ist nicht von Geburt an blind, sondern hat das Sehvermögen verloren: Er ist der
Mensch, der das Licht verloren hat und sich dessen bewusst ist, der aber nicht die
Hoffnung verloren hat, sondern die Gelegenheit einer Begegnung mit Jesus zu ergreifen
weiß und sich ihm anvertraut, um geheilt zu werden.“ Der heilige Augustinus
machte in einer seiner Schriften eine ganz eigene Beobachtung zur Gestalt des Bartimäus,
erinnert der Papst in seiner Predigt.
„Der heilige Bischof von Hippo denkt
über die Tatsache nach, dass Markus in diesem Fall nicht nur den Namen des Geheilten
nennt, sondern auch den seines Vaters, und kommt zu dem Schluss, dass „Bartimäus,
der Sohn des Timäus, eine Persönlichkeit war, die aus sehr großem Wohlstand herausgefallen
war. Seine Notlage musste allgemein bekannt sein, da er nicht nur blind war, sondern
am Straßenrand saß und bettelte. Darum wollte Markus [im Unterschied zu Matthäus]
nur ihn erwähnen: Dass er es war, der das Augenlicht wiedererlangt hatte, verlieh
dem Wunder eine Resonanz, die ebenso groß war wie das Gerede über das Unglück, das
dem Blinden zugestoßen war. (De consensu evangelistarum, 2, 65, 125: PL 34, 1138)“
Diese
Interpretation, dass Bartimäus ein Mensch sei, der aus einer Situation „großen Wohlstands“
herausgefallen sei, gebe den Gläubigen zu denken. Insbesondere in den säkularisierten
Ländern des Westens mit ihrer alten christlichen Tradition sei „das Licht des Glaubens
schwach geworden“. Viele Menschen hätten sich von Gott entfernt und sähen ihn nicht
mehr als wichtig für ihr Leben an. Damit aber hätten sie eine „sichere und feste Lebensorientierung
verloren“. Sie seien gleichsam „zu Bettlern um den Sinn des Lebens geworden“.
„Es
ist bedeutsam, dass die Liturgie uns zum Abschluss der Synodenversammlung das Evangelium
von Bartimäus vorlegt. Dieses Wort Gottes hat besonders uns etwas zu sagen, die wir
uns in diesen Tagen mit der Dringlichkeit auseinandergesetzt haben, Christus dort
neu zu verkünden, wo das Licht des Glaubens schwach geworden ist, wo das Feuer Gottes
einer Glut gleicht, die angefacht werden muß, damit sie zu einer lebendigen Flamme
wird, die dem ganzen Haus Licht und Wärme spendet.“ Drei Elemente sind für
Benedikt XVI. wichtig im Bereich der Neuevangelisierung: die Sakramente der christlichen
Initiation und die „missio ad gentes“.
„Ein dritter Aspekt betrifft die
Getauften, die jedoch in ihrer Lebensweise den Ansprüchen der Taufe nicht gerecht
werden. Die Kirche widmet ihnen besondere Aufmerksamkeit, damit sie Jesus Christus
erneut begegnen, die Freude des Glaubens wiederentdecken und zur Ausübung der Religion
in der Gemeinschaft der Gläubigen zurückkehren. Außer den nach wie vor wertvollen
traditionellen pastoralen Methoden versucht die Kirche ebenso neue Methoden anzuwenden,
indem sie sich auch neuer Ausdrucksweisen bedient, die den verschiedenen Kulturen
der Welt angepasst sind, und die Wahrheit Christi im Dialog und in einer Atmosphäre
der Freundschaft anbietet, die in Gott, der die Liebe ist, ihr Fundament hat.“
Die
Neuevangelisierung betreffe somit das gesamte Leben der Kirche. Die Kirche müsse daher
ihre Botschaft allen Menschen verkünden, die Christus noch nicht kennen. Das gelte
im Rahmen der „Erstverkündigung“ für Regionen in Afrika, Asien und Ozeanien. Im Zuge
der Globalisierung und ihrer Bevölkerungsverschiebungen sei sie heute aber auch in
traditionell christlichen Ländern notwendig. Dementsprechend hätten alle Christen
- Priester, Ordensleute und Laien – die Pflicht, die christliche Botschaft zu verkünden.
Aber auch die aktiven Kirchengemeinden müssten „mehr vom Feuer des Heiligen Geistes
belebt“ sein, hob der Papst hervor.
„In verschiedenen Teilen der Welt hat
die Kirche diesen Weg der kreativen Pastoral bereits eingeschlagen, um die Menschen
zu erreichen, die sich entfernt haben oder auf der Suche nach dem Sinn des Lebens,
nach Glück und letztlich nach Gott sind. Wir erinnern an einige wichtige Stadtmissionen,
an den „Vorhof der Völker", an die Kontinentalmission usw. Es besteht kein Zweifel,
dass der Herr, der Gute Hirt, diese Bemühungen, die aus dem Eifer für seine Person
und sein Evangelium hervorgehen, reichlich segnen wird“.