2012-10-27 15:19:18

Nigeria: Politik gleicht bewaffnetem Banditentum


RealAudioMP3 Politik in Nigeria ist mittlerweile gleichzusetzen mit einem bewaffneten Banditentum. Dieses harte Urteil über die Politik in seinem Land fällte am Rande der Bischofssynode in Rom der Bischof von Sokoto, Matthew Hassan Kukah. Die Nation ist Afrikas größter Ölproduzent, aber gleichzeitig von großer Armut, weitreichender Korruption, und ständigen ethnischen und konfessionsgebundenen Ausschreitungen gebeutelt. Bischof Kukah erklärt, dass in seinem Land zwar eine lebhafte und tief empfundene Religiosität herrsche und die Kirchen voller Gläubiger seien. Dies stünde aber in scharfem Kontrast zu den ernsten Problemen der Raubüberfälle, Geringschätzung von Menschenrechten, Menschenleben und Menschenwürde. Kultstätten würden vermehrt zum Schauplatz heftiger Anschläge, und nicht zuletzt sei die Korruption mittlerweile in allen Bereichen des Staatswesens feststehender Bestandteil. Es sei jedoch kurzsichtig, die Probleme an konfessionsgebundenen Differenzen festzumachen:

„Ich will nochmals betonen, dass die Unterscheidung zwischen Muslimen und Christen nicht zielführend ist. Ich lebe in Nigeria, mit nigerianischen Bürgern, und nicht mit Christen oder Muslimen. Die westlichen Medien haben uns nicht damit geholfen, dass sie zu stark auf unsere religiöse Identität fokussiert haben. Das Boko Haram-Problem wird nicht dadurch zum Problem zwischen Christen und Muslimen, dass Kirchen attackiert worden sind. Es ist wichtig, zu unterstreichen, dass wir die gleichen Vorfälle in den muslimischen Gemeinden erlebt haben. Jeder Bürger Nigerias, einfach nur weil er hier lebt, könnte ein potentielles Opfer sein.“

Vom Staat und der Regierung Nigerias müsste nun gefordert werden, ihrer Verantwortung entsprechend das Mindeste zu unternehmen, was eine Regierung tun müsse: nämlich das Leben ihrer Bürger zu schützen. Der Militäreinsatz, der nun verstärkt beobachtet werden könne, sei aber nicht der richtige Weg, um Konsens zu erreichen und unterminiere die Demokratisierung. Probleme dieser Art müssten politisch gelöst werden, so wie es mit jeder Krise auf der Welt versucht werde:

„Meine Sorge ist, dass die politische Klasse ihre Inkompetenz verborgen hat, indem sie das Problem als ein einfaches Law-and-Order-Problem präsentiert hat. Das ist es nicht! Soldaten in einer Demokratie auszusenden verringert deine Fähigkeit, das Vertrauen der einfachen Bürger zu gewinnen. Die Regierung versteckt ihre Inkompetenz, indem sie Soldaten für Probleme einsetzt, die schlichtweg politische Probleme sind. Was Boko Haram anprangert, ist das, was jeder einfache Nigerianer, mich eingeschlossen, bereits angesprochen hat: Wie kann man weiterhin auf diese Weise ein Land regieren, wenn die galoppierende Korruption institutionalisiert worden ist und ein klarer Missbrauch staatlicher Mittel stattfindet?“

Natürlich brauche es nicht Boko Haram, um diese Themen zu erkennen und anzusprechen. Im Gegenteil, der stille Konsens, den Boko Haram zumindest für ihre Forderungen, wenn auch nicht für ihre Methoden im Land genieße, führe eine militärische Intervention ad absurdum:

„Selbst wenn du alle Soldaten der Welt nach Nigeria bringst, kannst du nicht die Idee Boko Harams töten. Die einzige Alternative ist, dass die politische Klasse diese Probleme entschieden angeht. Dazu gehört, die hohen Kosten der Regierung und die Vorteile zu reduzieren, die den Einstieg in die Politik so attraktiv und, im weiteren Sinne, die Politiker so gewaltbereit gemacht haben. Die jungen Leute sind sich in den vergangenen Jahren dessen bewusst geworden, dass Politik in Nigeria fast mit bewaffnetem Banditentum gleichzusetzen ist, denn ihr Preis ist so hoch und das Klima der Straffreiheit ist so dominant geworden!“

(rv 27.10.2012 cs)







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